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Da wir eben aus dem Bauernhause herauskommen, so wollen wir noch etwas mehr über das Landvolk im Burggrafenamte beibringen. Vor allem bemerken wir, daß es ein überaus schöner Schlag von Leuten ist. Die Männer zeigen sich als die rechten und wahren Erben der altgermanischen corpora immania, hoch ausgestreckt, breitschulterig, stattlich anzusehen. Sie tragen große Hüte, braune Lodenjacken mit rothen Aufschlägen und ein rothes Leibchen, über dem der breite, grüne Hosenträger liegt. Durch eine gewisse ernste Gesetztheit im Thun und Lassen ist die Bauernschaft dieser Gegend wohl noch eindrücklicher, als die leichter beweglichen Zillerthaler. In ihrem Feiertagsgewand sind diese großen Gesellen äußerst sorgfältig und reinlich, dabei auch streng bedacht auf gleichförmige Beibehaltung des herkömmlichen Schnittes und der herkömmlichen Farben. Wie sie am Sonntage nach dem Amte zu Meran vor dem Kirchhofe stehen zu Hunderten einer wie der andere, so dürften sie nur die Stutzen in die Hand nehmen, um schnurstracks vom Platze weg als schöngeschmückter Schlachthaufen ins Feld ziehen zu können. Nur in den Hüten ist da ewiger Unterschied zu finden. Etliche ältere Bauern tragen nämlich noch die frühere Art, welche einen niedern Kopf und eine ungeheure flache Krempe zeigt, das gesammte jüngere Volk führt aber eine jüngere Form mit höherm Kopfe und schmälerer Krempe die von den Bergen herabgekommen seyn soll, weniger eigenthümlich als jene, aber gleichwohl noch genug von der heutigen Herrenmode abweichend, um zierlich zu seyn und hübsch zu stehen. Wenn die jungen Männer an feierlichen Tagen als Schützen ausrücken, so erscheinen sie mit großen, grünen Hüten, dem festlichen Abzeichen der Junggesellenschaft, welche dann auf einer Seite um im Tragen des Stutzens nicht zu hindern, hoch aufgeschlagen, ferner mit grünen Bändern und einem aufgesteckten Blumenstrauß verziert sind. Ein andrer Strauß steckt dann auch in der Mündung des Gewehrs. Ein solcher Schützenzug, wenn er stolz dahermarschirt, mit fliegender Fahne und klingendem Spiel, wenn die Schwegelpfeifen den heimischen Schützenmarsch blasen, ist eine sehr schöne Erscheinung und weckt Erinnerung

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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol. München 1846, Seite 314. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_322.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)