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darinnen. Zuletzt läuft der Fußweg mit dem Sträßchen zusammen, das auf weitem Umwege vom Thale nach Serfaus geht, und ehe dieses in die Hauptstraße einfällt, zeigen sich einige Mauerreste, ehedem wahrscheinlich bestimmt, um in stürmischen Zeiten dem Feinde den Aufgang in die Hochebene zu verwehren.

Unweit von der Stelle, wo der Serfauser Bergweg in die Heerstraße mündet, steht das Tschuppacher Wirthshaus, für mich damals sehr gut gelegen, um den Stellwagen abzuwarten. Dieser kam auch bald heran und nahm mich bereitwillig auf in seine Räume, die dießmal fast leer waren. Und also wieder mit dem Stellwagen vorwärts, trotz aller guten Vorsätze, die zu andern Zeiten verschiedenemale gefaßt waren und alle darauf hinausliefen, nie mehr im Stellwagen zu fahren. Wer nicht ins Cabriolet zu sitzen kommt, der rollt in der That mit dem Gefährte durch das Land und sieht höchstens die eine Seite der Landschaft und auch diese nur bis zur halben Berghöhe, und auch zur halben Berghöhe nur, wenn er sich den Hals ganz verrenken will. Abgesehen davon läßt sich allerdings manches Gute von diesen Fahrzeugen sagen. Die meisten sind geräumig, haben wohl gepolsterte Sitze, machen des Tages weite Strecken und fordern für die Poststation nicht mehr als 24 Kreuzer. Die Gesellschaft besteht aus Stellvertretern aller Stände des Landes; man findet Grafen und Herren, Weltpriester und Ordensleute, Benedictiner, Franciscaner, Capuciner, Bürger aus den Städten, Studenten, Bauern und ihr Gesinde, Frauen und Mädchen. Es ist die Wahrheit zu sagen ein Unglück heitere Gefährten zu treffen, denn dann geht gewöhnlich auch noch die halbe Berghöhe der einen Seite verloren, über deren beschränkte Erreichbarkeit wir oben gesprochen. Man verplaudert sich, und wenn man dann wieder in stummen Zwischenräumen auf die Landkarte blickt und nach irgend einem alten Rittersitze oder nach einem Wasserfalle oder nach einer andern Denkwürdigkeit sich erkundigt, so erwiedert die Gesellschaft mit barmherzigem Achselzucken, daß wir da schon lange verbeigefahren sind. Dießmal fuhr ein englisches Ehepaar mit, ein Stabsofficier, der in Indien gedient hatte,

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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol. München 1846, Seite 264. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_272.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)