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So zum Beispiele als im Jahre 1703 der Kurfürst Maximilian Emanuel von Bayern zu Frankreich getreten war, zog er im Sommer nach Tirol, um sich mit dem Marschall von Vendome, der aus Italien kommen sollte, zu vereinigen. Von Innsbruck aus sandte er einen Heerhaufen von dreihundert Mann, zur Hälfte französische Dragoner, zur Hälfte bayerische Grenadiere, ins Oberinnthal. Ihr Anführer war der Marquis von Nouvion, der mit Botschaft an den französischen Befehlshaber in Wälschland beauftragt war und durch die Finstermünz nach dem Vintschgau ziehen sollte. Am ersten Julius brach dieser von Landeck auf, um gegen Prutz vorwärts zu dringen und kam auch unaufgehalten bis an die Pontlatzer Brücke. „Es hatte aber diesen Marsch, sagt eine zeitgenössische Relation, der Pfleger zu Laudeck (bei Prutz, nicht Landeck, wie gewöhnlich gedruckt wird), Herr Martin Andre Sterzinger, schon lassen auskundschaften, auch seine Unterthanen, wie nit weniger die Gerichte Pfunds und Naudersberg ermahnet, für den Kaiser und liebes Vaterland Gut und Blut aufzuopfern, welches dann alle einhellig versprochen und gehalten.“ So brachte er schnell gegen 600 Mann zusammen. Das erste was sie thaten, war, daß sie die Pontlatzer Brücke in der Stille abtrugen und an den Bergseiten Verstecke für die Schützen anlegten. Als nun der Marquis mit seiner Mannschaft in der Sommerfrühe in die Schlucht einritt, gewahrte er zu seinem Schrecken, daß kein Steig mehr über das reißende Wasser gehe. Nachdem er sofort anderthalb Büchsenschüsse vor der abgetragenen Brücke sich das Ding betrachtet und mit dem Fernrohr die aufgeworfenen Brustwehren und heimlichen Schützen ersehen hatte, rief er: Verrath und wendete sich zum Rückzug. Und wie er sich gewendet hatte, fiel ein Schuß zum Zeichen und nun regte sich plötzlich alles an den Halden und auf den Höhen, Felsentrümmer und abgehauene Bäume rasselten herunter und schlugen manchen Dragoner sammt dem Rosse in die Fluth, die Doppelhaken donnerten von der Brücke her darein, die Scharfschützen feuerten aus ihren Hinterhalten unaufhörlich unter die ausländischen Kriegsleute, deren Schüsse den unsichtbaren Feind nicht treffen konnten. Der Rückzug war

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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol. München 1846, Seite 251. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_259.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)