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– die Landschaft still und todt. Der Arlberg steigt gählings auf, zu kalter winterlicher Höhe, auf der St. Christoph, das ehemalige Pilgerspital steht, das in frommen Zeiten Heinrich Findelkind gründete, und zwar im Jahre 1386, nachdem am Anfang desselben Jahrhunderts der Weg durch die Grafen von Werdenberg fahrbar gemacht worden war. Die anziehende Urkunde über die Stiftung jenes Spitals ist schon öfter abgedruckt und auch die Statuten und die Geschichte der Bruderschaft sind schon mehreremale, zuletzt in Hormayr’s Chronik von Hohen Schwangau besprochen worden, weßwegen wir hier nicht darauf zurückkommen wollen. Die gegenwärtige Straße besteht seit dem Jahr 1823, breit, sanft ansteigend, kunstvoll gebahnt. Es kostet aber ungemein viel Aufwand sie im Winter schneefrei zu halten, und die anliegenden Dörfchen, sonst arm und dürftig, ziehen daraus zur schlechten Jahreszeit ein gutes Einkommen. Mehr Reiz als der Aufgang von der vorarlbergischen Seite bietet der Absteig nach Tirol durch das wildschöne Stanserthal, der Rosanna entlang, welche bei Landeck in den Inn fällt.

Kehren wir indessen von der traurigen Höhe des Arlberges wieder zurück in die freundliche, lebendige Gegend von Schruns und Tschagguns im Montavon, aus der ich eines Abends fortzog, ein Jahr nach jener Fahrt über den Christberg, die mir deutlich in die Erinnerung trat, als ich jetzt vom Thale aus den äußern Bartholomäusberg mit seiner Kirche auf kornreicher Halde und dann weiter drinnen das bescheidene Gotteshaus des innern Berges und zu fernest hinten und ganz oben die uralte Capelle wieder gewahrte, von deren Höhe aus ich voriges Jahr mit andächtigem Schauer in die Gletscher des Rhätico und hinab in die schwarze Schlucht von Talaas geblickt. Jetzt aber ging ich auf ebenem Weg, über Wiesen und durch lichte Wäldchen, an Aeckern und an Höfen vorbei, die von Kirschbäumen beschattet und von mächtigen Hanffeldern umgeben waren, bis ich lange nach dem Abendglockengeläute St. Gallenkirchen erreichte, an dessen Zugang der Suggedinbach, der aus dem Gargellenthale herab mit fürchterlicher Eile in die Ill fällt, unter den schwanken Brücken durch, übertäubend tost und wüthet, damals besonders,

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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol, München 1846, Seite 115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_123.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)