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die da verlangt, daß an einem Strick zwei sich aufhängen. Er lebt fern einer bresthaften Ethik, die den Starken schwächt, indem sie ihm den Schutz des Schwachen vorschreibt. Er ist grausam; er begeht Fruchtabtreibung und Kindesmord, wiewohl er sicher ist, daß auch der unerwünschte Sohn des Himmels dem Gotte ähnlicher würde als jener Bankert aus Hysterie und Journalismus, der sich im Okzident unter der Protektion des Gesetzes auswächst. Aber er lebt in der Fülle und hat die Humanität nicht notwendig. Sein Reich umfaßt mehr als ein Viertel der Gesamtbevölkerung der Erde, seitdem es im letzten Jahrhundert allein einen Zuwachs von neunundneunzig Millionen bekommen hat. Und sie alle haben bloß den Ehrgeiz, Chinesen zu sein und nicht die Affen fremder Eigenart. Während die Japaner an deutschen Universitäten Strafgesetze studieren, sind die Chinesen vollauf damit beschäftigt, sie zu übertreten. Und dieses Volk wahrt und mehrt seine dämonische Lebenskraft durch Verschwendung. Es kennt den Raubbau der Askese nicht, und seine Männer haben Lust am Manne wie am Weibe. Den Chinesen, sagt ein Forscher, habe ihre Päderastie so wenig Abbruch getan, daß die Holländer, als sie zum erstenmal nach China kamen, vor Staunen über die Volksmengen, die sie überall antrafen, immer nur die Frage laut werden ließen, ob denn die chinesische Mutter zwanzig Kinder auf einmal zur Welt bringe. Die Sündenmoral

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Karl Kraus: Die Chinesische Mauer. Leipzig 1914, Seite 23. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Chinesische_Mauer_(Kraus)_23.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)