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Leichnam. Er ließ die Räuber kommen, welche die Leiche untersuchten. „Das ist er nicht,“ sprachen sie, „aber wenn man die Leiche an den Galgen hängt, dann kann man ihn fangen, denn er wird trachten, dieselbe zu stehlen; darum muß eine starke Wache dabei aufgestellt werden.“

Dieß geschah, aber Hans Kühstock lachte den König heimlich aus und dachte, so gescheit sei ein guter Spitzbub wohl, daß er nicht in diese dumme Falle gehe. Er zog des Leinwebers alte Kleider an, kaufte sich zwei kleine Fäßchen mit Branntwein, worein er starken Schlaftrunk goß, und lud sie auf seinen Esel; dann ließ er vom Schneider zwölf Pfarrersröcke machen, packte sie ein und lud sie zu den Fäßchen; also zog er als es dunkel wurde dem Galgen zu, indem er schrie: „Lebenstrank! Wer kauft Lebenstrank?“ Als die Soldaten, deren zwölf auf Wache standen ihn sahen, riefen sie ihm zu und ließen sich einschenken und der Branntwein schmeckte ihnen so gut, daß das Fäßchen bald leer wurde. Da sanken sie einer nach dem andern um und schliefen wie die Klötze. „Jetzt ist die Reihe wieder an mir,“ sprach Hans Kühstock, zog ihnen ihre Montur aus und lud sie nebst den Gewehren, Säbeln und dem Leichnam auf seinen Esel, dann zog er ihnen die Pfarrersröcke an und trieb dem Leinewebershäuschen zu.

Morgens wachten die Soldaten auf und da kann man sich denken, was sie für Augen machten. Anfangs wollten sie alle desertiren, aber da sprach einer von ihnen, der ein durchtriebener Pfiffikus war: „Bleibt ruhig hier, ich mache Alles gut.“ Er

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Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 402. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_402.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)