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locke ich ihn in euer Haus.“ Der Wirth that es mit Freuden und Hans zog weiter, kaufte auf dem nächsten Bauernhof zwei Körbe mit Eiern, Käse und Butter und trieb damit zur Hauptstadt. Da kam er an dem Thurm vorbei, worin die zwölf Kerle gefangen saßen und sah, wie sie an den Gitterfenstern lagen und Trübsal nach Noten bliesen. Er hielt seinen Esel an, guckte hinauf und rief: „Gelt, ihr habt gestohlen? Was seit ihr für dumme Teufel! Wißt ihr denn nicht, daß ehrlich am längsten währt?“ Da ärgerten sich die Spitzbuben, er aber lachte sie aus und verspottete sie, bis sie vor Zorn vom Fenster wegliefen. Das that er ihnen aber darum, weil sie ihn verrathen hatten.

Vor der Stadt wohnte ein Leinweber, der war blutarm und nagte am Hungertuch. Hans Kühstock, der das wußte, ging zu ihm und schenkte ihm die Eier und den Käse. „Hör 'mal Bruderherz“ sagte Hans, der das Stehlen nun einmal nicht lassen konnte; „ich bin arm und du bist arm und der König hat Geld mehr als zu viel; wie wäre es, wenn wir ihm ein paar Taschen voll davon abnähmen? Ihm thut's nichts und uns thut's sehr viel.“ „Ach du scheinst mir einer von denen zu sein, die nur glühend Eisen und Mühlsteine liegen lassen,“ sprach der Leinweber, „aber ich bin's zufrieden; ehrlich bin ich lang genug gewesen und habe es zu nichts gebracht; da werde ich einmal zur Abwechslung Spitzbub. Wie kommen wir aber in die Schatzkammer?“ „Dafür laß mich sorgen“ antwortete Hans.

Abends gingen Beide an den Thurm, wo die Schatzkammer war; an der Erde hatte sie ein Fenster, das war mit drei eisernen

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Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 400. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_400.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)