Seite:De Deutsche Hausmärchen 345.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


sie hätten sich vor lauter Freude zu Tode lachen und springen mögen. Aber wie die Menschen nun einmal sind, es dauerte nicht lange, da wurde es zweien von der Mannschaft zu langweilig, zwölf Jahre auf die Prinzessinnen zu warten und sie machten zusammen aus, sie wollten desertiren. Da kam am Abend die schöne Königstochter zu dem Feldwebel und sagte ihm den ganzen Plan, damit er ihn vereitle. „Fällt euch die Zeit so lang, dann sage mir,“ sprach sie, „wie lange ihr nach eurer Meinung schon hier seit.“ „Vierzehn Tage,“ antwortete der Feldwebel. „Du irrst sehr,“ sagte die Königstochter, „was dir nur vierzehn Tage dünken, sind vier ganzer Jahre.“ Am andern Morgen nahm der Feldwebel die Mannschaft vor, warnte sie alle vor der Desertion und sagte ihnen, wie die Zeit so schnell vergangen sei. Da waren sie sämmtlich wieder guter Dinge, aber wiederum nicht für lange Zeit, denn das Menschenherz ist ein sonderbares Ding und nimmer zufrieden mit dem, was es hat. Kaum vierzehn Tage später zogen ihrer sieben auf die Jagd hinaus und unterwegs beschlossen fünf, den andern Morgen allein auszugehn und zu desertiren. Das war wohl sehr heimlich verabredet, doch die Königstochter wußte es im selben Augenblick und sagte es am Abend ihrem lieben getreuen Johannes Erlöser wieder, frug ihn auch, wie lange er nun glaube schon da zu sein. „Etwa vier Wochen“ sprach er. „Du irrst sehr,“ erwiederte sie, „es geht bereits ins neunte Jahr und denke, ihr habt nur noch so kurze Zeit auszuhalten.“ Als der Feldwebel der Mannschaft die Sache vorhielt, war für einen Augenblick wieder Alles gut, bald aber wurden sie wieder rebellisch,

Empfohlene Zitierweise:
Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 345. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_345.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)