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schlug, da waren die Schlangen wie weggeblasen. Seine Schlange aber sprach: „Ich danke dir, mein Erlöser, daß du so treulich ausgehalten hast, jetzt ist nur noch eine Nacht übrig, dann bin ich erlöst und du bist glücklich auf Lebenszeit.“ Als sie das gesagt hatte, war sie verschwunden.

Abends lag sie wieder bei ihm und sah ihn so recht flehentlich an mit ihren klugen Augen. Da schwoll ihm der Muth und er sprach zu sich selbst: „Ehe ich sie dem garstigen Gezücht preis gebe, lasse ich mich lieber selbst von ihm fressen.“ Als es zwölf Uhr schlug faßte er sie und hielt sie hoch empor. Da sprang die Thür auf und in einem Augenblick war die ganze Kammer voll von den häßlichsten Schlangen, die zappelten und zischten und ringelten sich unter einander, daß es nicht zum Ansehen war. Der Bauer drückte die Augen zu und that als höre und sehe er nicht. Sie wanden sich ihm um Leib und Arme und Hals, zischten ihm ins Gesicht und bissen nach seiner Schlange, aber er ließ sich das Alles nicht anfechten. So dauerte es bis ein Uhr, da that es einen schweren Schlag in dem nahen Walde und die Ungeheuer waren verschwunden. Auch die Schlange war ihm aus der Hand entschlüpft, dafür aber lag eine wunderschöne Königstochter neben ihm in seinem harten Bett, die sprach mit freundlichen Blicken: „Ich danke dir tausendmal, mein lieber und getreuer Erlöser, daß du mich gerettet hast. Nun wähle dir, willst du mein Gemahl werden, oder hundert Wagen Gold haben.“ Der Bauer rieb sich die Augen, denn er glaubte nicht anders, als das müsse ein Traum sein. Endlich sprach er: „Wenn ihr mich zum Gemahl

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Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 267. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_267.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)