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seinen Wagen und fuhr in die Stadt, wo der Kaufmann wohnte; dort kehrte er dem Hause gegenüber in einen Gasthof ein. Wie wunderte er sich aber, als er in des Kaufmanns Haus alle Fenster erleuchtet sah und rauschende Musik schallen hörte! Er frug den Wirth, was das bedeute? und der Wirth antwortete: „Die Tochter des Hauses hält Verspruch, aber es geschieht gegen ihren Willen. Du lieber Gott, das arme Blut thäte lieber Gott weiß was, als mit ihrem Bräutigam tanzen, aber ihr Vater zwingt sie dazu.“ „Dabei möcht ich auch sein,“ sprach der Jüngling, zog prächtige Kleider an und ging in das Haus.

Da er schon so viele Jahre weggewesen war, hatte er sich so sehr verändert, daß ihn Niemand wieder erkannte, selbst Emma nicht. Wer hätte aber auch denken sollen, daß dieser stolze Herr der Jüngling gewesen sei. Er ging sogleich auf Emma zu und sprach sie um einen Tanz an. „Von Herzen gern“ sagte sie, denn jetzt brauchte sie doch nicht mit ihrem verhaßten Bräutigam zu tanzen. Während sie nun so herum walzten, hielt er die Hand so, daß der Ring ihr recht in die Augen blitzte. Sie sah den Jüngling mit großen Augen an und wurde todtenblaß; er aber führte sie in ein anderes Zimmer und sprach: „Emma, kennst du mich nicht mehr?“ Da fiel sie vor lauter Freude in Ohnmacht und als sie wieder erwachte, da lag sie in seinen Armen. Ihr Vater und ihre Mutter kamen hinzu und auch der Bräutigam und Alle waren nicht wenig erstaunt, daß Emma so freundlich gegen den fremden stolzen Herrn that. Da gab sich der Jüngling zu erkennen und erzählte, woher er sein Gold habe, und daß er

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Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 195. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_195.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)