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„Schweige und laß mich einmal das Tuch sehen.“ Da gab er ihr dasselbe und kaum hatte sie es näher betrachtet, da erkannte sie ihrer eignen Hände Arbeit, stürzte auf den Jüngling zu und rief: „Ach mein liebster Sohn, du bist ja mein liebster Sohn!“ Der Jüngling wußte nicht, was er dazu sagen sollte, da befahl sie den Richtern nach Hause zu gehn und nahm den Jüngling mit sich in ihren Pallast. Sogleich mußte die Hebamme herbei; als die Sultanin sie bedrohte, bekannte sie, daß sie das Kind dem Mädchen gegeben habe. Da wurde auch das Mädchen geholt und bedroht, und es bekannte, daß es das Kind ins Wasser hätte werfen sollen, aber statt dessen es in ein feines Tuch gewickelt in ein Kästchen gelegt und auf ein frisches Grab gestellt hätte. Statt des Jünglings wurde nun der böse Minister in das Gefängnis geworfen, die Jungfrau aber aus demselben erlöst und noch am selben Morgen die Verlobung gehalten. Dann kehrte der Jüngling in einem großen und prächtigen Schiffe zu der Insel zurück und holte seinen Pflegevater ab, welcher sofort die Stelle des ersten Ministers erhielt, der alte Minister aber wurde enthauptet. Der Bruder des verstorbenen Sultans entsagte nun freiwillig der Regierung und statt seiner bestieg der Jüngling den Thron.

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Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 183. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_183.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)