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könntest leicht dabei zu Schaden kommen, da möchte ich jedoch lieber sterben, als daß dir etwas zu Leide geschähe.“ „Ich kenne keine Gefahr, liebste Mutter,“ sprach der Prinz, „wenn es um dein Leben geht.“ Sie antwortete: „Was bist du für ein guter Sohn! So will ich es dir denn sagen: Wenn ich eins von den Löwenwelpen an meine Brust lege, dann zieht die Kraft in mich hinein und ich werde in Zeit von einem Tage gesund.“ Der Prinz lief auf der Stelle zu der Löwengrube, trat unerschrocken hinein und da ein Löwe edelm Blut kein Leid anthut, so ließen ihn die alten Löwen ruhig gewähren. Als er ein Junges faßte, da brüllte die Löwin und erhob sich, doch der Prinz sah sie mit einem so scharfen Blick an, daß sie sich augenblicklich wieder hinlegte. Die Königin setzte den jungen Löwen an ihre Brust und rief: „Ich fühle ordentlich, wie ich neue Kraft bekomme, jetzt bin ich gerettet.“ Als der Löwe aber nicht ruhig blieb und seine Krallen ausstreckte, schrie sie: „Es ist jetzt gut, nimm ihn weg und mache ihn todt, ich kann ihn nicht länger an mir leiden.“ Der Prinz nahm den Löwen und sprach: „Warum sollte ich das arme Thierchen tödten, da es doch meiner lieben Mutter Leben gerettet hat? Ich will es seiner Mutter heimbringen, wie ich es ihr genommen habe.“ So trug er den jungen Löwen wieder in die Grube zurück und die alte Löwin brüllte laut vor Freude, als sie ihr Welpchen wieder hatte.

Da dieser Plan also fehlgeschlagen war, berieth die Königin wieder mit dem Greise, wie sie den Prinzen verderben könnten und der Greis sprach: „Es gibt nur ein Mittel, du mußt ihm

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Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 155. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_155.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)