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man dem Soldaten noch für ein schweres Stück aufgeben könnte. „Das will ich euch sagen, Herr König,“ antwortete der General. „Laßt ihn hundert Hasen aus dem Thiergarten zusammentreiben; die soll er hüten, aber wenn einer ihm laufen geht, dann muß er seinen Kopf dafür lassen.“ „Das soll keinem Tauben gesagt sein,“ sprach der König, ließ den Soldaten rufen und erklärte ihm kurz und gut, daß er nicht sein Schwiegersohn werden könne, wenn er nicht hundert Hasen drei Tage lang hüte. Darüber zog der Soldat ein kraus Gesicht, aber was half's? Es wurden hundert Treiber in den Thiergarten geschickt, die mußten die Hasen auftreiben und der Soldat stand mit dem General und dem König am Thor des Thiergartens und wie ein Hase heraussprang, zählte der General: Eins, zwei, drei, bis ihrer hundert waren, da machte er das Thor zu und der König sprach: „Jetzt hast du ihrer hundert, wenn du sie nicht jeden Abend richtig heimführst, dann gilt's deinen Kopf.“

O weh, dachte der Soldat, und griff sich an den Kopf: er glaubte, er fühle ihn schon wackeln, denn nicht einer von den Hasen hatte gewartet, bis die hundert voll waren, sondern alle waren ins Feld und in den Wald gelaufen, was gibst du, was hast du. Der General lachte aber so recht falsch und der König hielt sich die Hand vor den Mund, um nicht lachen zu müssen, denn der Streich sei allzu gut gelungen, meinte er. Während sie in das Schloß gingen, und dort ein großes Freudenmahl gehalten wurde, schritt der arme Soldat traurig dem Walde zu und dachte, es sei doch recht wahr: Wer mit großen Herren Kirschen esse,

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Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_138.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)