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Schloß, und die Zugbrücke war wieder niedergelassen. An dem Thor stand die schwarze Dame, sprach aber kein Wort und sah Keinen mit einem Auge an. Sie ging ihnen voran in den Speisesaal, wo wieder für zwölf Mann gedeckt war, und trug ihnen alles Gute und Köstliche auf, immer aber, ohne den Mund auf zu thun oder einen der Brüder anzusehen. Anfangs war ihnen unheimlich zu Muthe, bald aber fingen sie an zu trinken und guter Dinge zu sein und waren fröhlich bis in die Nacht hinein. Wie sie nun schliefen, kam die schwarze Dame und weckte den Aeltesten und hieß ihn mit vor die Thür gehen, sie habe ihm was zu sagen. Und hernach rief sie den Zweitältesten hinaus und so fort, bis sie an den Jüngsten kam. Den führte sie mit sich in die Küche und zeigte ihm am Gossenstein ein Loch, da solle er hinabschauen. Da lagen in einem schwarzen Abgrund die eilf Brüder, Einer über dem Andern, und war Allen das Genick gebrochen. Die schwarze Dame fragte ihn, ob er jetzt noch einmal drei Jahre dableiben, oder auch hinuntergestürzt sein wolle zu den Andern? Die todten Brüder aber hoben ihre blutigen Köpfe in die Höhe und riefen unten herauf aus dem Loch, es wäre nicht wahr, daß sie todt wären, er solle sich Nichts daran kehren, was das schwarze Weib zu ihm spreche. Er ließ sich jedoch nicht irre machen und sagte zu. Die Dame führte ihn wieder zurück in das Bett, und von dem folgenden Tage an sprach sie wieder mit ihm und bediente ihn noch besser als zuvor.

Als nun die drei Jahre beinahe um waren, kam sie eines Abends zu ihm und sprach, jetzt habe er noch drei Tage auszuhalten,

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Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_130.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)