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Nachsehen und konnten mit dem Stehlen wieder von vorn anfangen.

Der Junge aber stand durch seinen Wunsch plötzlich in der Nähe einer großen und prächtigen Stadt, das war des Landes Hauptstadt, wo der König wohnte. Er ging hinein und in das stolzeste Wirthshaus, wo nur hohe Herrschaften einkehrten. Als der Wirth ihn in dem unscheinbaren Mantel sah, sprach er: „Sucht euch ein anderes Wirthshaus, ich habe nur prächtige Zimmer mit seidenen Betten und die sind nicht für Bettelleute, sondern nur für Prinzen und Grafen.“ Damit wandte er sich um und ging, aber die Tochter, welche Alles mit angehört hatte und der der schöne junge Mensch gefiel, hatte Mitleiden mit ihm weil es schon gegen Abend ging und gab ihm heimlich ein Zimmer im Hinterhaus, wo die Dienerschaft der vornehmen Gäste gewöhnlich schlief. Als sie von ihm weggehn wollte sprach er: „Zum Dank für eure Güte haltet eure Schürze einmal auf“ und er schüttete ihr aus seiner Börse die Schürze voll blanker Thaler, so daß sie ihre schwere Last daran zu tragen hatte.

Sogleich lief das Mädchen zu ihrem Vater und zeigte ihm den Reichthum und da kratzte sich der Wirth wohl hinter den Ohren; er zog seinen Sonntagsstaat an, trat unter vielen Bücklingen in das Zimmer und bat den Jüngling hunderttausendmal um Verzeihung, führte ihn in das allerprächtigste Zimmer und wartete ihm auf, wie einem König.

Am andern Tage ließ der Jüngling den Schneider kommen und sich reiche Kleider machen, eine vollständige Prinzenmontur;

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Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 119. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_119.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)