sich jemand hätte einfallen lassen die Korrespondenzen der Baronin Seuriet zu berühren. Aber der Briefträger hatte ihr die Post zuerst gebracht und niemand bekam den Brief früher als sie selbst zu Gesicht.
Dieser flammende stürmische Brief beruhigte sie. Fernand verzichtete nicht auf sie. Stella sollte ihm ins Ministerium schreiben mit einem verabredeten Zeichen auf dem Kuvert. Angeregt durch diese Art der Verführung auf Entfernung, tat sie es auch. In ihrem Zimmer eingeschlossen, in Sicherheit vor brutaler Verwegenheit, gefiel sie sich darin, diese durch jene weibliche Geheimtuerei herauszufordern, die Niemanden gleichgültig läßt. Einige Wochen vergingen für sie ganz angenehm in der Ausübung dieses Spieles, in dem sie Großartiges leistete. Die Antworten Fernands zeigten ihr, wie geschickt sie darin war, er schrieb wie irrsinnig. – Aber ihren Versprechungen und Drohungen zum Trotz kam er nicht sie aufzusuchen.
Vielleicht fürchtete er, daß die Ankündigung seiner Abreise schlecht aufgenommen werden würde. Vielleicht auch verpflichtete ihn das Verhältnis seiner Frau gegenüber zur Schonung.
Stella neckte ihn damit. Da teilte er ihr den Unfall mit, der Alice zugestoßen war … Infolge
Marie Tihanyi Sturza: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Arthur Cavael, Leipzig 1905, Seite 264. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Das_Geluebde_einer_drei%C3%9Figj%C3%A4hrigen_Frau_Sturza.djvu/265&oldid=- (Version vom 31.7.2018)