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sieben oder acht langen Borsten an beiden Seiten des Peristoms eine Art von Netz über der Klappe, welches allen Thieren, ausgenommen sehr kleinen, den Eintritt in die Blase verwehren dürfte. Die Klappe und der Kragen haben dieselbe wesentliche Structur wie in den beiden vorigen Species; aber die Drüsen sind nicht ganz so zahlreich: die oblongen sind eher etwas mehr verlängert, während die zweiarmigen eher etwas kürzer sind. Die vier Borsten, welche schräg vom untern Rande der Klappe vorspringen, sind kurz. Ihre Kürze, verglichen mit denen an den Klappen der vorausgehenden Species, ist verständlich, wenn meine Ansicht richtig ist, dasz sie dazu dienen, zu grosze Thiere daran zu hindern, sich einen Eingang durch die Klappe zu erzwingen und sie dabei zu verletzen; denn die Klappe wird bereits in einem gewissen Grade durch die eingebogenen Antennen,

Fig. 25. (Utrricularia minor). Viertheiliger Fortsatz, stark vergröszert.

in Verbindung mit den seitlichen Borsten beschützt. Die zweispaltigen Fortsätze sind denen in den vorausgehenden Species gleich; aber die viertheiligen sind dadurch von jenen verschieden, dasz die vier Arme (Fig.25) nach der nämlichen Seite hingerichtet sind; die zwei längeren stehn in der Mitte und die beiden kürzeren an der äuszeren Seite.

Die Pflanzen wurden in der Mitte des Juli gesammelt; es wurde der Inhalt von Blasen untersucht, weiche wegen ihrer opaken Beschaffenheit voll von Beute zu sein schienen. Die erste enthielt nicht weniger als vierundzwanzig kleine Süszwasser-Crustaceen, von denen die meisten aus leeren Schaalen bestanden, oder nur einige wenige Tropfen rother öliger Substanz einschlossen; die zweite enthielt zwanzig, die dritte fünfzehn, die vierte zehn, unter denen einige gröszer als gewöhnlich waren; und die fünfte, welche ganz voll gestopft zu sein schien, enthielt nur sieben, aber von diesen waren fünf von ungewöhnlich bedeutender Grösze. Nach diesen fünf Blasen zu urtheilen besteht daher die Beute ausschlieszlich aus Süszwasser-Crustaceen, von denen die meisten von den in den Blasen der zwei früheren Arten gefundenen verschiedene Species zu sein scheinen. In einer Blasen enthielten die viertheiligen Fortsätze, welche mit einer zerfallenden Masse in Berührung standen, zahlreiche Kugeln granulirter Substanz, welche langsam ihre Form und Stellung änderten.

Utricularia clandestina.

Diese nordamericanische Species, welche gleich den drei vorhergehenden im Wasser lebt, ist von Mrs. Treat in New Jersey beschrieben worden, deren ausgezeichnete Beobachtungen bereits vielfach angeführt wurden. Ich habe bis jetzt noch keine ausführliche Beschreibung der Blase durch Mrs. Treat gesehen, es scheint aber, als sei sie mit viertheiligen Fortsätzen ausgekleidet. Eine ungeheure Anzahl gefangener Thiere wurde innerhalb der Blasen gefunden, einige davon waren Crustaceen, aber die grosze Mehrzahl waren zarte, gestreckte Larven, ich vermuthe von Culiciden. An einigen Stengeln »enthielten reichlich neun unter je zehn Blasen derartige Larven oder ihre Überreste.« Die Larven »boten noch Lebenszeichen dar in einer Zeit von vierundzwanzig bis sechsunddreiszig Stunden, nachdem sie gefangen worden waren,« und giengen dann schnell zu Grunde.

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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 387. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_387.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)