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kreuzen. Es dienen diese Haare vielleicht dazu, zu verhüten, dasz sich Insecten auf diesem Theile des Blattes niederlassen, wo sich keine klebrigen Drüsen finden, mittelst deren sie gefangen werden könnten; es ist aber kaum wahrscheinlich, dasz sie zu diesem Zwecke entwickelt worden sind. Die von der Mittelrippe ausgehenden Spiralgefässe endigen am äuszersten Rande des Blattes in Spiralzellen; diese sind aber nicht so gut entwickelt, wie in den beiden vorausgehenden Arten. Die Blüthenstiele, Kelchblätter und Blumenblätter sind dicht mit drüsigen Haaren bedeckt, ähnlich denen auf den Blättern.

Die Blätter fangen viele kleine Insecten, welche hauptsächlich unterhalb der eingerollten Ränder gefunden werden, wohin sie vom Regen gewaschen worden sind. Die Farbe der Drüsen, auf denen Insecten lange gelegen haben, ist verändert, sie ist entweder bräunlich oder blasz purpurn, ihr Inhalt ist grob granulirt, so dasz sie also offenbar Substanz aus ihrer Beute aufsaugen. Blätter der Erica tetralix, Blüthen eines Labkrautes, Schuppen von Gräsern u. s.. w. hiengen gleichfalls an einigen von den Blättern. Mehrere von den an Pinguicula vulgaris angestellten Versuchen wurden an der Pinguicula lusitanica wiederholt; und diese werden nun mitgetheilt werden.

1. Ein eckiges Stück Eiweisz von mäsziger Grösze wurde auf die eine Seite eines Blattes gelegt, halbwegs zwischen die Mittelrippe und den natürlich eingerollten Rand. In 2 Stunden 15 Minuten ergossen die Drüsen viel Secret und es wurde diese Seite stärker eingefaltet als die gegenüberliegende. Die Einbiegung nahm zu und erstreckte sich in 3 Stunden 30 Minuten beinahe bis zur Blattspitze hinauf. Nach 24 Stunden war der Rand zu einem Cylinder aufgerollt, dessen äuszere Oberfläche die Scheibe des Blattes berührte und bis innerhalb 1/20 Zoll von der Mittelrippe reichte. Nach 48 Stunden fieng er an, sich zu entfalten und war in 72 Stunden vollständig wieder ausgebreitet. Der Würfel war abgerundet und in der Grösze bedeutend vermindert; der Rest fand sich in einem halbverflüssigten Zustande.

2. Ein mäszig groszes Stück Eiweisz wurde in die Nähe der Spitze eines Blattes unter den natürlich einwärtsgekrümmten Rand gelegt. In 2 Stunden 30 Minuten war starke Absonderung erregt, und am nächsten Morgen war der Rand auf dieser Seite des Blattes stärker eingerollt als der entgegengesetzte, aber in keinem so bedeutenden Grade wie in dem letzten Falle. Der Rand entfaltete sich in derselben Schnelligkeit wie vorher. Ein bedeutender Theil des Eiweiszes war aufgelöst, es blieb aber noch ein Rest übrig.

3. Grosze Stückchen Eiweisz wurden in einer Reihe den Mittelrippen zweier Blätter entlang gelegt, brachten aber im Verlaufe von 24 Stunden keine Wirkung hervor; es hätte eine solche auch nicht erwartet werden können; denn selbst wenn Drüsen hier existirt hätten so würden

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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 354. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_354.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)