Seite:De Darwin Insectenfressende Pflanzen 322.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

nach mit dem Pepsin beinahe identisches Ferment enthält, animale Substanz aufzulösen, und dasz sie später die in dieser Weise verdaute Substanz absorbiren. Dies ist sicher bei Drosera, Drosophyllum und Dionaea, beinahe sicher bei Aldrovanda, und der Analogie nach sehr wahrscheinlich bei Roridula und Byblis der Fall. Wir können hiernach einsehen, woher es kommt, dasz die drei zuerst genannten Gattungen mit so kleinen Wurzeln versehen sind, und dasz Aldrovanda völlig wurzellos ist; in Bezug auf die Wurzeln der andern beiden Gattungen ist nichts bekannt. Es ist ohne Zweifel eine überraschende Thatsache, dasz eine ganze Gruppe von Pflanzen (und, wie wir gleich sehen werden, einige andere, nicht mit den Droseraceen verwandte Pflanzen) zum Theil sich dadurch erhalten, dasz sie animale Substanz verdauen und zum Theil dadurch, dasz sie Kohlensäure zersetzen, statt ausschlieszlich durch das letzte Mittel zu leben in Verbindung mit der Absorption von Substanz aus dem Boden mittelst der Wurzeln. Wir haben indessen einen in gleicher Weise anomalen Fall im Thierreich; die rhizocephalen Krustenthiere ernähren sich nicht wie andere Thiere durch den Mund, denn ihnen fehlt ein Darmcanal, sondern sie leben so, dasz sie mittelst wurzelartiger Fortsätze die Säfte der Thiere, auf welchen sie Parasiten sind, absorbiren [1].

Von den sechs Gattungen ist Drosera ganz ausser allem Vergleich die erfolgreichste in dem Kampfe um's Dasein gewesen, und ein groszer Theil ihres Erfolges kann der Art und Weise zugeschrieben werden, wie sie Insecten fängt. Es ist eine herrschende Form,

Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 322. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_322.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)

  1. Fritz Müller, Für Darwin. Leipzig, 1864, p. 68. Die Wurzelfüszer sind mit den Rankenfüszern verwandt. Es ist kaum möglich, sich einen gröszern Unterschied vorzustellen als den zwischen einem Thiere mit greifenden Gliedmaszen, einem gut gebildeten Mund und Nahrungscanal, und einem, welchem alle diese Theile fehlen, und welches sich durch Aufsaugung mittelst verästelter wurzelartiger Fortsätze ernährt. Wenn ein seltner Cirripede, Anelasma squalicola, extinct geworden wäre, so wurde es sehr schwierig gewesen sein zu vermuthen, auf welche Weise eine so enorme Veränderung allmählich bewirkt worden sein könnte. Wir haben aber, wie Fritz Müller bemerkt, in Anelasma ein Thier vor uns, welches sich in einem beinahe genau intermediären Zustand befindet; denn seine wurzelartigen Fortsätze sind in der Haut des Haies eingebettet, auf dem es parasitisch lebt, und seine prehensilen Cirren und sein Mund (in meiner Monographie der Lepadiden, Ray Society, 1851, p. 161), beschrieben) sind in einem äuszerst schwachen und rudimentären Zustand. Dr. R. Kossmann hat eine sehr interessante Erörterung über diesen Gegenstand gegeben in seinen "Suctoria und Lepadidae", 1873. S. auch Dohrn, Der Ursprung der Wirbelthiere, 1875. p. 77.