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hinreichend berührt worden, das Blatt zum Schlieszen zu veranlassen. Von diesen zehn Blättern breiteten sich nur ein paar vollständig in weniger als zwei Tagen wieder aus, und zwei oder drei gebrauchten selbst noch ein wenig längere Zeit. Ehe sie sich indessen völlig wieder ausbreiteten, sind sie bereit, sich augenblicklich zu schlieszen, wenn ihre empfindlichen Filamente berührt werden. Wie viele male ein Blatt fähig ist sich zu schlieszen und wieder zu öffnen, wenn keine animale Substanz eingeschlossen bleibt, weisz ich nicht; ein Blatt wurde aber viermal zum Schlieszen gebracht und öffnete sich später innerhalb sechs Tagen. Bei der letzten Gelegenheit fieng es eine Fliege und blieb dann viele Tage lang geschlossen.

Diese Fähigkeit, sich schnell wieder zu öffnen, wenn die Filamente zufällig durch Grashalme oder vom Winde auf das Blatt gewehte fremde Körper berührt worden waren, wie es doch gelegentlich im Heimathlande der Pflanze vorkommt[1], musz für die Pflanze von einiger Bedeutung sein; denn so lange ein Blatt geschlossen bleibt, kann es natürlich kein Insect fangen.

Wenn die Filamente gereizt werden und ein Blatt wird dazu gebracht, sich über ein Insect zu schlieszen, oder über ein Stückchen Fleisch, Eiweisz, Gelatine, Casëin oder zweifelsohne über irgend einen andern, lösliche stickstoffhaltige Substanz enthaltenden Körper, drücken die Lappen, anstatt concav zu bleiben, und dabei eine Concavität einzuschlieszen, langsam ihrer ganzen Breite nach gegen einander. Wenn dies stattfindet, werden die Ränder allmählich ein wenig nach auszen gekehrt, so dasz die Speichen, welche sich zuerst kreuzten, zuletzt in zwei parallelen Reihen vorspringen. Die Lappen drücken sich mit solcher Gewalt gegen einander, dasz ich gesehen habe, wie ein Eiweiszwürfel bedeutend abgeplattet wurde und deutliche Eindrücke der kleinen vorspringenden Drüsen erhielt; der letztere Umstand dürfte aber wohl theilweise durch die anätzende Wirkung des Secrets verursacht worden sein. Die Lappen werden so fest zusammengepreszt, dasz, wenn ein groszes Insect oder ein anderer gröszerer Gegenstand gefangen ist, eine entsprechende Hervorragung auf der Auszenseite des Blattes deutlich sichtbar wird. Wenn die bei den Lappen in dieser Weise vollständig geschlossen sind, so widerstehn sie einem künstlichen Öffnen, wie z. B. durch einen dünnen zwischen sie hinein

Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 278. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_278.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)

  1. Nach der Angabe des Dr. Curtis in Boston Journal Nat. Hist. Vol. 1. 1837, p. 123.