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folgte. Wenn wir bedenken, wie biegsam ein feines Haar ist, so können wir uns eine Idee davon machen, wie leicht die von dem Ende eines 1 Zoll langen, langsam bewegten Stückes verursachte Berührung gewesen sein musz.

Obgleich diese Filamente für eine momentane und zarte Berührung so empfindlich sind, so sind sie doch für länger anhaltenden Druck bei weitem weniger empfindlich als die Drüsen der Drosera. Mehreremale gelang es mir, mit Hülfe einer mit äuszerster Langsamkeit bewegten Nadel Stückchen von ziemlich dickem menschlichen Haar auf die Spitze eines Filaments zu legen, und diese regten keine Bewegung an, obschon sie mehr als zehnmal so lang waren wie diejenigen, die die Tentakeln der Drosera sich zu biegen veranlaszten; und trotzdem sie in diesem letztern Falle zum groszen Theile von der dicken Absonderung getragen wurden. Auf der andern Seite können die Drüsen der Drosera mit einer Nadel oder irgend einem harten Gegenstande einmal, zweimal oder selbst dreimal mit beträchtlicher Kraft gestoszen werden, und es folgt doch keine Bewegung. Dieser eigenthümliche Unterschied in der Natur der Empfindlichkeit der Filamente der Dionaea und der Drüsen der Drosera steht offenbar in Beziehung zu den Lebensgewohnheiten der beiden Pflanzen. Wenn ein äuszerst kleines Insect sich mit seinen zarten Füszen auf den Drüsen der Drosera niederläszt, so wird es von dem klebrigen Secrete gefangen und der unbedeutende, indessen verlängerte Druck gibt die Notiz von der Anwesenheit der Beute weiter, welche nun durch das langsame Biegen der Tentakeln gesichert wird. Auf der andern Seite sind die empfindlichen Filamente der Dionaea nicht klebrig und das Fangen der Insecten kann nur durch ihre Empfindlichkeit für eine augenblickliche Berührung gesichert werden, welcher das schnelle Schlieszen der Lappen folgt.

Wie eben angeführt wurde, sind die Filamente nicht drüsig und sondern nicht ab, Auch haben sie die Fähigkeit der Absorption nicht, wie daraus geschlossen werden kann, dasz Tropfen einer Lösung von kohlensaurem Ammoniak (1 Theil auf 146 Theile Wasser), auf zwei Filamente gebracht, keine Wirkung auf den Inhalt ihrer Zellen hervorbrachte und auch nicht die Lappen zu schlieszen veranlaszte. Wenn indessen ein kleines Stück eines Blattes mit daran haftendem Filament abgeschnitten und in die nämliche Lösung eingetaucht wurde, so wurde die Flüssigkeit innerhalb der basalen Zellen beinahe augenblicklich

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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 262. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_262.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)