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hin gerichtete Bewegung der umgebenden Tentakeln sehr gut. Eine genaue Zeichnung eines Blattes mit Fleisch in dieser Lage wird hier mitgetheilt (Fig. 10); man sieht die Tentakeln, mit Einschlusz einiger der äuszeren, genau nach dem Punkte hin gerichtet, wo das Fleisch liegt. Eine viel bessere Methode ist aber die, ein Stückchen phosphorsauren Kalks mit Speichel angefeuchtet auf eine einzelne Drüse auf der einen Seite der Scheibe eines groszen Blattes zu legen und ein anderes Stückchen auf eine einzelne der gegenüberliegenden Seite. In vier solchen Versuchen war die Reizung nicht hinreichend stark, um die äuszeren Tentakeln zu afficiren, aber alle die den beiden Punkten nahe stehenden waren nach ihnen hingerichtet, so dasz auf der Scheibe

Fig. 10. (Drosera troundifolia.) Blatt (vergröszert), die Tentakeln über ein, auf einer Seite der Scheibe liegendes Stückchen Fleisch eingebogen.

eines und desselben Blattes zwei Räder gebildet wurden: die Stiele der Tentakeln bildeten die Speichen und die über dem Phosphate zu einer Masse verbundenen Drüsen stellten die Achsen dar. Die Genauigkeit, mit welcher jeder Tentakel nach dem Stückchen hinwies, war wunderbar, so dasz ich in einigen Fällen keine Abweichung von vollkommener Richtigkeit entdecken konnte. Wenn in dieser Weise die kurzen Tentakeln in der Mitte der Scheibe einen motorischen Impuls von irgend einem Punkte auf der einen Seite her erhalten, so richten sie sich doch, trotzdem sie sich nicht biegen, wenn ihre Drüsen in einer dierecten Art und Weise gereizt werden, gleich gut mit den Tentakeln an den Rändern der Scheibe nach dem Punkte hin.

In diesen Experimenten wurden einige der kurzen Tentakeln auf der Scheibe, welche nach dem Mittelpunkte hin gerichtet worden wären, wenn das Blatt in eine reizende Flüssigkeit eingetaucht worden wäre, nun in einer genau entgegengesetzten Richtung, nämlich nach dem Umkreis zu eingebogen. Diese Tentakeln waren daher in dem Verhältnis von 180° von der Richtung abgewichen, welche sie angenommen haben würden, wenn ihre eigenen Drüsen gereizt worden wären und welche als die normale beobachtet werden kann. Zwischen dieser gröszten möglichen Abweichung von der normalen

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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 222. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_222.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)