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Digitalin und Blausäure Einbiegung durch Einwirkung auf Elemente verursachen, welche in keiner Weise den Nervenzellen der Thiere analog sind. Wenn Elemente dieser letzteren Natur in den Blättern vorhanden gewesen wären, so hätte man erwarten können, dasz Morphium, Hyoscyamus, Atropin, Veratrin, Colchicin, Curare und verdünnter Alkohol eine irgendwie ausgesprochene Wirkung hervorgebracht haben würden, während diese Substanzen nicht giftig sind und das Vermögen, Einbiegung zu verursachen, gar nicht oder nur in einem sehr unbedeutenden Grade besitzen. Es ist indesz zu beachten, dasz Curare, Colchicin und Veratrin Muskelgifte sind, d. h. dasz sie auf Nerven wirken, welche in irgend einer speciellen Beziehung zu Muskeln stehn, so dasz man daher nicht erwarten konnte, dasz sie auf Drosera wirkten. Das Gift der Brillenschlange ist für Thiere äuszerst tödtlich, dadurch dasz es die Nervencentren lähmt[1], für Drosera ist es aber nicht im mindesten tödtlich, wenngleich es schnell starke Einbiegung verursacht.

Trotz der vorstehend mitgetheilten Thatsachen, welche zeigen, wie weit von einander verschieden die Wirkung gewisser Substanzen auf die Gesundheit oder das Leben von Thieren und von Drosera ist, so besteht doch ein gewisser Grad von Parallelismus in der Wirkung gewisser anderer Substanzen. Wir haben gesehen, dasz dies in einer auffallenden Weise für die Natron- und Kali-Salze gilt. Ferner sind verschiedene metallische Salze und Säuren, nämlich die von Silber, Quecksilber, Gold, Zinn, Arsenik, Chrom, Kupfer und Platin, von denen die meisten oder alle für Thiere in hohem Grade giftig sind, in gleicher Weise auch für Drosera giftig. Es ist aber eine eigenthümliche Thatsache, dasz das Chlorblei und zwei Barytsalze für diese Pflanze nicht giftig sind. Es ist eine in gleicher Weise befremdende Thatsache, dasz, obgleich Essig- und Propionsäure in hohem Grade giftig sind, die ihnen verwandte Ameisensäure dies nicht ist, und dasz, während gewisse vegetabilische Säuren, nämlich Oxalsäure, Benzoesäure u. s. w. in einem hohen Grade giftig sind, Gallus-, Tannin-, Weinstein- und Äpfelsäure (alle in einem gleichen Grade verdünnt) dies nicht sind. Äpfelsäure veranlaszt Einbiegung, während die drei andern oben genannten Pflanzensäuren dies Vermögen nicht besitzen. Es würde aber eine vollständige Pharmacopöe erfordern,

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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 203. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_203.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)

  1. Dr. Fayrer, The Thanatophidia of India, 1871. p. 4.