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Wir können wohl schlieszen, dasz eine kleine Dosis Campher in Lösung ein kräftiges Reizmittel für Drosera ist. Es regt nicht blosz bald die Tentakeln an, sich zu biegen, sondern macht auch allem Anscheine nach die Drüsen für eine Berührung empfindlich, welche an und für sich keine Bewegung bewirkt. Es könnte auch sein, dasz eine unbedeutende mechanische Reizung, nicht stark genug, Einbiegung zu verursachen, doch ein gewisses Streben zur Bewegung mittheilt und dadurch die Wirkung des Camphers verstärkt. Diese letztere Ansicht würde mir als die wahrscheinlichere erschienen sein, wäre nicht von Vogel gezeigt worden, dasz Campher auch auf andere Weise für verschiedene Pflanzen und Samen ein Reizmittel ist.

Zwei Pflanzen, welche vier oder fünf Blätter trugen und mit ihren Wurzeln in einem kleinen Becher mit Wasser standen, wurden unter einem zehn Flüssigkeitsunzen haltenden Gefäsze dem Dampfe einiger Stückchen Campher (ungefähr so grosz wie eine Lambertsnusz) ausgesetzt. Nach 10 Minuten erfolgte noch keine Einbiegung, die Drüsen schienen aber reichlicher abzusondern. Die Blätter befanden sich in einem narcotisirten Zustande; denn als Stückchen Fleisch auf zwei von ihnen gelegt worden waren, war in 3 Stunden 15 Minuten noch keine Einbiegung da, und selbst nach 13 Stunden 15 Minuten waren nur einige wenige der äuszeren Tentakeln unbedeutend eingebogen; dieser Grad von Bewegung beweist aber, dasz die Blätter nicht dadurch getödtet waren, dasz sie 10 Stunden lang den Campherdämpfen ausgesetzt wurden.

Kümmel-Öl. – Es wird angegeben, dasz Wasser ungefähr ein Tausendstel seines Gewichts von diesem Öl auflöst. Ein Tropfen wurde zu einer Unze Wasser gesetzt und die Flasche während eines Tages gelegentlich geschüttelt; es blieben aber noch viele sehr kleine Kügelchen unaufgelöst. Fünf Blätter wurden in diese Mischung eingetaucht; innerhalb 4 bis 5 Minuten war etwas Einbiegung da, welche in zwei oder drei weiteren Minuten mäszig ausgesprochen wurde. Nach 4 Minuten waren alle fünf Blätter ordentlich, und einige von ihnen dicht eingebogen. Nach 6 Stunden waren die Drüsen weisz und viel Schleim abgesondert worden. Die Blätter waren nun welk, von einer eigenthümlichen trüb-rothen Färbung und offenbar todt. Eines der Blätter wurde nach einem Eintauchen von 4 Minuten gepinselt, wie die andern im Campher; dies brachte aber keine Wirkung hervor. Eine Pflanze, deren Wurzeln in Wasser standen, wurden nun unter einem Zehnunzon-Gefäsz dem Dampfe dieses Öls ausgesetzt, und in 1 Stunde 20 Minuten zeigte ein Blatt eine Spur von Einbiegung. Nach 5 Stunden 20 Minuten wurde die Decke abgenommen und die Blätter untersucht; bei einem waren alle Tentakeln dicht eingebogen, beim zweiten waren sie ungefähr halb in diesem Zustande, und beim dritten waren sie alle halb eingebogen. Die Pflanze wurde 42 Stunden lang an der freien Luft gelassen, es breitete sich aber nicht ein einziger Tentakel wieder aus; die sämmtlichen Drüsen erschienen todt, ausgenommen hier und da eine, welche noch immer absonderte. Offenbar ist dieses Öl in hohem Grade reizend und giftig für Drosera.

Nelken-Öl. – Es wurde in derselben Weise wie im letzten Falle eine Mischung gemacht und drei Blätter in dieselbe eingetaucht. Nach 30 Minuten war nur eine Spur von Einbiegung vorhanden, welche niemals

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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 191. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_191.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)