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Schluszbemerkungen über die Wirkung von Säuren.

Es ist augenscheinlich dasz Säuren eine starke Neigung haben, die Einbiegung der Tentakeln[1] zu verursachen; denn von den vier und zwanzig versuchten Säuren wirkten neunzehn in dieser Weise, entweder schnell und energisch, oder langsam und unbedeutend. Diese Thatsache ist merkwürdig, da die Säfte vieler Pflanzen mehr Säure enthalten, nach dem Geschmack zu urtheilen, als die bei meinen Versuchen angewendeten Lösungen. Nach den kräftigen Wirkungen so vieler Säuren auf die Drosera werden wir veranlaszt anzunehmen, dasz die in den Geweben sowohl dieser Pflanze, als auch anderer, natürlich enthaltenen Säuren eine wichtige Rolle in ihrem Haushalte spielen müssen. Von den fünf Fällen, in welchen die Säuren keine Einbiegung der Tentakeln bewirkten, ist einer zweifelhaft; denn Harnsäure wirkte unbedeutend und verursachte eine reichliche Absonderung von Schleim. Blosz saures Gefühl für den Geschmack ist kein Beweis der Wirkungsfähigkeit einer Säure auf die Drosera, da Citronen- und Weinsteinsäure sehr sauer schmecken und doch keine Einbiegung erregen. Es ist merkwürdig, wie Säuren in ihrer Kraft von einander verschieden sind. So wirkt Salzsäure viel weniger kräftig, als Jodwasserstoffsäure und viele andere Säuren derselben Stärke, und ist nicht giftig. Dies ist eine interessante Thatsache, da die Salzsäure eine so wichtige Rolle in dem Verdauungsprocesz der Thiere spielt. Ameisensäure bringt sehr leichte Einbiegung hervor und ist nicht giftig; während die ihr verwandte Essigsäure schnell und kräftig wirkt und giftig ist. Äpfelsäure wirkt sehr leicht, während Citronen- und Weinsteinsäure keine Wirkung hervorbringen. Milchsäure ist giftig und ist merkwürdig, weil sie Einbiegung nur nach Verlauf einer beträchtlichen Zeit bewirkt. Nichts überraschte mich mehr, als dasz eine Lösung von Benzoësäure, so schwach, dasz sie für den Geschmack kaum säuerlich war, mit groszer Schnelligkeit wirkte, und sehr giftig war; denn man hat mir mitgetheilt, dasz sie keine ausgesprochene Wirkung auf den thierischen Haushalt hervorbringt. Man wird beim Durchsehen der Liste am Anfang dieser Erörterung sehen, dasz die meisten Säuren giftig sind, oft sogar sehr. Es ist bekannt,

Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_177.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)

  1. Der Angabe Fourniert's zufolge (De la Fécondation dans les Phanerogames, 1863, p. 61.) bewirken Tropfen Ton Essigsäure, Blausäure und Schwefelsäure, dasz sich die Staubfäden der Berberis augenblicklich schlieszen. trotzdem dasz Wasser keine derartige Wirkung hat, welche letztere Angabe ich bestätigen kann.