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empfindliches Blatt in eine Lösung eingetaucht wird, so dasz alle Drüsen in den Stand gesetzt werden, zu absorbiren, 1/1600 Gran des kohlensauren Salzes auf dasselbe einwirkt. Nimmt man an, dasz das Blatt, welches ein groszes war und dessen sämmtliche Tentakeln mit Ausnahme von acht eingebogen wurden, 170 Drüsen trug, so konnte jede Drüse nur 1/268800 Gran (0,00024 Miller.) absorbirt haben; und doch war dies hinreichend, auf einen jeden der 162 Tentakeln, welche eingebogen wurden, einzuwirken. Da aber nur vier unter den oben genannten vierzehn Blättern deutlich afficirt wurden, so ist dies nahezu die Minimalgrenze der Dose, welche wirksam ist.

Zusammenballung des Protoplasma in Folge der Einwirkung dos kohlensauren Ammoniaks. – Ich habe im dritten Capitel ausführlich die merkwürdigen Wirkungen mäszig starker Dosen dieses Salzes beschrieben, wie sie sich in der Verursachung einer Zusammenballung des Protoplasma innerhalb der Zellen der Drüsen und Tentakeln äuszern; meine Absicht ist, hier lediglich zu zeigen, welche kleine Dosen schon genügen. Ein Blatt wurde in zwanzig Minims (1,183 Cub. Cent.) einer Lösung von einem Theil in 1750 Theilen Wasser eingetaucht, und ein anderes Blatt in die gleiche Menge einer Lösung von einem Theil in 3062 Theilen; im erstem Falle trat Zusammenballung in 4 Minuten, im letztern in 11 Minuten ein. Dann wurde ein Blatt in zwanzig Minims einer Lösung von einem Theil auf 4375 Theile Wasser getaucht, so dasz es 1/240 Gran (0,27 Milligr.) erhielt; in 5 Minuten war eine unbedeutende Veränderung in der Färbung der Drüsen vorhanden, und in 15 Minuten hatten sich kleine Kugeln von Protoplasma in den Zellen unterhalb der Drüsen aller Tentakeln gebildet. In diesen Fällen konnte auch nicht ein Schatten von Zweifel über die Wirkung der Lösung bestehen.

Es wurde dann eine Lösung von einem Theil in 5250 Theilen Wasser gemacht, womit ich an vierzehn Blättern Versuche aufstellte; doch will ich nur einige wenige Fälle anführen. Acht junge Blätter wurden ausgewählt und mit Sorgfalt untersucht; sie zeigten keine Spur von Zusammenballung. Vier von diesen wurden in eine Drachme (3,549 Cub. Cent.) destillirten Wassers gelegt; vier in ein ähnliches Gefäsz mit einer Drachme der Lösung. Nach einiger Zeit wurden die Blätter unter einer starken Vergröszerung untersucht, wobei immer abwechselnd eines aus der Lösung und aus dem Wasser genommen wurde. Das erste Blatt wurde aus der Lösung genommen nach einem Eintauchen von 2 Stunden 40 Minuten, und das letzte Blatt wurde aus dem Wasser genommen nach 3 Stunden 50 Minuten; die Untersuchung währte 1 Stunde 40 Minuten. In den vier aus dem Wasser genommenen Blättern war keine Spur von Zusammenballung mit Ausnahme eines Exemplars vorhanden, in welchem sehr wenige äuszerst minutiöse Kügelchen von Protoplasma unterhalb einiger der runden Drüsen zu bemerken waren. Sämmtliche Drüsen waren durchscheinend und roth. Die vier Blätter, welche in die Lösung eingetaucht gewesen waren, boten auszerdem, dasz sie eingebogen waren, ein weit davon verschiedenes Ansehen dar; denn der Inhalt der Zellen jeden einzelnen Tentakels an allen vier Blättern war augenfällig zusammengeballt; die Kugeln und länglichen Massen von Protoplasma erstreckten

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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 129. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_129.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)