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eine beträchtliche Zahl von Tentakeln eingebogen war, die Pflanzen während des Winters in einem sehr warmen Gewächshause gehalten worden; sie trugen zeitig im Frühjahr merkwürdig schöne Blätter von einer hell rothen Färbung. Hätte ich damals gewuszt, dasz die Empfindlichkeit der Pflanzen dadurch vermehrt würde, so würde ich vielleicht die Blätter nicht zu meinen Versuchen mit den sehr schwachen Lösungen von phosphorsaurem Ammoniak benutzt haben; meine Experimente sind aber dadurch nicht fehlerhaft geworden, da ich ausnahmslos Blätter von den nämlichen Pflanzen auch für das gleichzeitige Eintauchen in Wasser benutzte. Es ereignete sich häufig, dasz einige Blätter an der nämlichen Pflanze und einige Tentakeln an demselben Blatt empfindlicher waren als andere; warum sich dies aber so verhält, weisz ich nicht.

Auszer den so eben angegebenen Verschiedenheiten zwischen den in Wasser und den in schwachen Ammoniaklösungen eingetauchten Blättern sind auch die Tentakeln der letzteren viel dichter eingebogen. Das Aussehn eines Blattes nach Eintauchen in einige wenige Tropfen einer Lösung von einem Gran phosphorsauren Ammoniaks in 200 Unzen Wasser (d. h. ein Theil auf 87500) ist hier dargestellt: eine solche energische Einbiegung

Fig. 9.

wird niemals von Wasser allein verursacht. Bei Blättern in den schwachen Lösungen wird häufig die Platte oder Scheibe eingebogen: und dies ist ein an Blättern in Wasser so selten eintretender Umstand, dasz ich nur zwei Fälle davon gesehen habe, und in beiden war die Einbiegung sehr schwach. Ferner schreitet bei Blättern in den schwachen Lösungen die Einbiegung der Tentakeln und der Blattscheibe oft stetig fort, wenn auch langsam, und viele Stunden lang immer zu; dies ist wiederum bei Blättern in Wasser ein so seltener Umstand, dasz ich nur drei Fälle von irgend einer derartigen Zunahme nach den ersten 8 bis 12 Stunden gesehen habe; und in diesen drei Fällen waren die zwei äuszeren reihen von tentakeln durchaus gar nicht afficiert. Es besteht daher zuweilen ein viel bedeutenderer Unterschied zwischen den Blättern in Wasser und den in den schwachen Lösungen nach Verlauf von 8 bis 24 Stunden, als in den ersten drei Stunden vorhanden war; doch ist es der allgemeinen Regel nach am besten, sich auf die in der kürzeren Zeit beobachteten Verschiedenheit zu verlassen.

Was den Zeitpunkt der Wiederausstreckung der Blätter betrifft, sowohl wenn sie in Wasser als wenn sie in den schwachen Lösungen eingetaucht gelassen wurden, so konnte es kaum etwas variableres geben. In beiden Fällen beginnen die äuszeren Tentakeln sich wieder auszustrecken nach Verlauf von nur 6 bis 8 Stunden; das ist ungefähr gerade die Zeit, wenn die kurzen Tentakeln rings um die Scheibenränder eingebogen werden. Auf der andern Seite bleiben die Tentakeln zuweilen einen ganzen Tag lang oder selbst zwei Tage lang eingebogen; der allgemeinen Regel

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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 124. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_124.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)