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schädlich sind. Es kam mir nie der Gedanke, zu beachten, ob Samen häufig auf die klebrigen Blätter von Pflanzen geweht werden, die im Naturzustande wachsen; dies wird aber kaum zuweilen ausbleiben können, wie wir hernach auch bei der Pinguicula sehen werden. Ist dies der Fall, so wird Drosera in einem unbedeutenden Grade dadurch Vortheil hieraus ziehen, dasz sie etwas Substanz aus solchen Samen absorbirt.

Zusammenfassung und Schluszbemerkungen über das Verdauungsvermögen der Drosera.

Wenn die Drüsen auf der Scheibe entweder durch die Absorption stickstoffhaltiger Substanz oder durch mechanische Reizung erregt werden, so nimmt ihr Secret an Menge zu und wird sauer. Auch übermitteln sie einen Reiz an die Drüsen der äuszern Tentakeln, welcher dieselben reichlicher abzusondern veranlaszt. Bei Thieren regt, der Angabe Schiff’s[1]. zufolge, mechanische Reizung der Magendrüsen dieselben zur Absonderung einer Säure, aber nicht von Pepsin an. Ich habe nun allen Grund zu glauben (wenn schon die Thatsache nicht völlig sicher gestellt ist), dasz die Drüsen der Drosera, obschon sie beständig klebrige Flüssigkeit absondern, um das durch Verdunstung Verlorene wiederzuersetzen, doch nicht das zur Verdauung eigenthümlich gehörige Ferment bei mechanischer Reizung, sondern nur nach Absorption gewisser Substanzen, wahrscheinlich solcher von stickstoffhaltiger Beschaffenheit, absondern. Ich komme zu dem Schlusse, dasz dies der Fall ist, weil das Secret von einer groszen Zahl von Blättern, welche dadurch gereizt worden waren, dasz Glasstückchen auf ihre Scheiben gelegt wurden, Eiweisz nicht verdaute; besonders aber auch nach der Analogie von Dionaea und Nepenthes. In gleicher Weise sondern, wie Schiff behauptet, die Magendrüsen der Thiere Pepsin nur dann ab, wenn sie gewisse lösliche Pflanzen, welche er als Peptogene bezeichnet, aufgesaugt haben. Es besteht daher ein merkwürdiger Parallelismus zwischen den Drüsen der Drosera und denen des Magens in Bezug auf die Absonderung ihrer eigenthümlichen Säure und ihres Ferments.

Das Secret löst, wie wir gesehen haben, Eiweisz, Muskel, Fibrin, Zellgewebe, Knorpel, die fasrige Grundsubstanz des Knochens, Gelatine, Chondrin, Casëin in dem Zustande, in dem es in der Milch existirt, und Leim, welcher der Einwirkung schwacher Salzsäure

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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_114.jpg&oldid=- (Version vom 6.12.2022)

  1. Physiol. de la Digestion, 1867, Tom. ll, p. 188, 245.