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keine Wirkung hervorgebracht hatten, mit Tropfen Milch, Harn oder Eiweisz geprüft. Von den in dieser Weise behandelten drei und zwanzig Blättern hatten siebzehn die Tentakeln und in einigen Fällen auch die Scheiben ordentlich eingebogen; aber ihre Lebenskräfte waren in etwas beeinträchtigt, denn die Schnelligkeit der Bewegung war entschieden langsamer, als wenn frische Blätter mit diesen selben stickstoffhaltigen Flüssigkeiten behandelt wurden. Diese Beeinträchtigung dürfte ebenso wie die Unempfindlichkeit von sechs jener Blätter einer Beschädigung durch Exosmose zuzuschreiben sein, welche durch die Dichte der auf ihre Scheiben gebrachten Flüssigkeiten verursacht wurde.

Die Resultate einiger weniger anderer Experimente mit stickstoffhaltigen Flüssigkeiten werden zweckmäszig hier noch mitgetheilt werden. Abkochungen einiger Gemüsearten, von denen bekannt ist, dasz sie reich an Stickstoff sind, wurden gemacht; dieselben wirkten wie thierische Flüssigkeiten. So wurden einige wenige grüne Erbsen eine Zeit lang in destillirtem Wasser gekocht; dann liesz man die mäszig dicke, in dieser Weise bereitete Abkochung sich setzen. Tropfen der darüber stehenden Flüssigkeit wurden auf vier Blätter gebracht; und als diese nach 16 Stunden wieder nachgesehen wurden, fand sich, dasz die Tentakeln und Scheiben von allen stark eingebogen waren. Aus einer Bemerkung Gerhardt's[1] schliesze ich, dasz in den Erbsen sich Legumin findet »in Combination mit einem Alkali, eine nicht gerinnbare Lösung bildend« und diese wird sich mit kochendem Wasser vermischen. In Bezug auf die oben verzeichneten und die folgenden Experimente will ich noch erwähnen, dasz nach der Angabe von Schiff[2] gewisse Formen von Eiweisz existiren, welche durch kochendes Wasser nicht coagulirt, sondern in lösliche Peptone verwandelt werden.

Bei drei Gelegenheiten wurden klein geschnittene Kohlblätter[3] in destillirtem Wasser eine Stunde oder fünf viertel Stunden lang gekocht; durch Abgieszen der Abkochung, nachdem man dieselbe sich hatte setzen lassen, wurde eine blasse schmutzig grüne Flüssigkeit erhalten. Tropfen von der gewöhnlichen Grösze wurden auf dreizehn Blätter gebracht. Ihre Tentakeln und Scheiben wurden nach 4 Stunden in einem völlig auszerordentlichen Grade eingebogen. Am nächsten Tage fand sich, dasz das Protoplasma innerhalb der Zellen der Tentakeln in der auf das Schärfste ausgesprochenen Art und Weise zusammengeballt war. Ich berührte auch das klebrige Secret rund um die Drüsen mehrerer Tentakeln mit minutiös

Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 73. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_073.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)



  1. Watt's Dictionary of Chemistry, Vol. III. p. 568.
  2. Lecons sur la Physiologie de la Digestion, Tom. I. p. 379; Tom. II. p. 154, 166, über das Legumin.
  3. Die Blätter junger Pflanzen, ehe sich das Herz bildet, so wie sie von mir benutzt wurden, enthalten 2,1 Procent albuminöser Substanz, die äuszeren Blätter reifer Pflanzen 1,6 Procent. Watt's Diction. of Chemistry, Vol. 1. p. 653.