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es in einige Tropfen einer Lösung von einem Theil kohlensauren Ammoniaks in 146 Theile Wasser gelegt worden war. Einige Blätter wurden 24 Stunden in dem Aufgusz gelassen, und diese boten Zusammenballung in einem wunderbaren Grade dar, so dasz die gebogenen Tentakeln dem unbewaffneten Auge ein deutlich geflecktes Ansehn zeigten. Die kleinen purpurnen Protoplasma-Massen waren gewöhnlich oval oder perlschnurartig, und nicht halb so oft kuglig wie es bei Blättern der Fall ist, die der Einwirkung von kohlensaurem Ammoniak ausgesetzt waren. Sie unterlagen unaufhörlichem Formenwechsel; und der Strom von farblosem Protoplasma rings um die Wände war nach einem Eintauchen von 25 Stunden auffallend deutlich. Rohes Fleisch ist ein zu wirksames Reizmittel und selbst kleine Stückchen verletzen gewöhnlich und tödten auch manchmal die Blätter, denen sie gegeben werden; die zusammengeballten Massen von Protoplasma werden trüb oder beinahe farblos und bieten einen ungewöhnlich körnigen Anblick dar, wie es ebenso bei Blättern der Fall ist, welche in eine sehr starke Auflösung von kohlensaurem Ammoniak getaucht worden sind. Ein Blatt, welches in Milch gethan wurde, hatte in 1 Stunde den Inhalt seiner Zellen etwas zusammengeballt. Auf zwei andere Blätter, von denen eins 2 Stunden 30 Minuten in menschlichem Speichel, und das andere 1 Stunde 20 Minuten in nicht gekochtem Eiweisz gelegen hatte, hatten diese Flüssigkeiten nicht in dieser Weise gewirkt, obgleich dies ohne Zweifel der Fall gewesen sein würde, wenn man mehr Zeit gelassen hätte. Diese beiden selben Blätter hatten, nachdem sie später in eine Lösung von kohlensaurem Ammoniak (3 Gran auf 1 Unze) gelegt wurden, ihre Zellen, das eine in 10 Minuten, das andere in 5 Minuten zusammengeballt.

Mehrere Blätter wurden 4 Stunden 30 Minuten lang in eine Lösung von einem Theil weiszen Zuckers in 146 Theilen Wasser gelegt, und keine Zusammenballung erfolgte; nachdem sie in eine Lösung derselben Stärke von kohlensaurem Ammoniak gethan worden waren, hatte diese in 5 Minuten auf sie eingewirkt, wie es gleichfalls bei einem Blatte der Fall war, welches 1 Stunde 45 Minuten in einer mäszig dicken Lösung von Gummi arabicum gelassen worden war. Mehrere andere Blätter wurden einige Stunden lang in dichte Lösung von Zucker, Gummi und Stärke gelegt, und der Inhalt ihrer Zellen wurde bedeutend zusammengeballt. Diese Wirkung dürfte der Exosmose zugeschrieben werden, denn die Blätter im Syrup wurden ganz welk und diejenigen im Gummi und Stärke etwas schlaff und ihre Tentakeln in der unregelmäszigsten Weise herumgedreht, die längeren wie Korkzieher. Wir werden später sehen, dasz Lösungen dieser Substanzen, wenn sie auf die Scheiben der Blätter gebracht werden, keine Einbiegung hervorrufen. Stückchen weichen Zuckers wurden zu dem Zweck um mehrere der Drüsen herumgelegt und bald aufgelöst und verursachten eine bedeutende Steigerung der Absonderung, ohne Zweifel durch Exosmose; nach 24 Stunden zeigten die Zellen einen gewissen Grad von Zusammenballung, obgleich die Tentakeln nicht eingebogen waren. Glycerin verursacht in wenig Minuten deutlich bemerkbare Zusammenballung, die wie gewöhnlich in den Drüsen anfängt und dann die Tentakeln hinunter geht; und dies kann, wie ich vermuthe, der starken Anziehungskraft dieser Substanz für Wasser zugeschrieben

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Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_045.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)