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während die Zellen der Stengel hellroth werden, mit Ausnahme derer dicht unter den Drüsen. Diese letzteren Zellen verlieren ihre blasze rothe Färbung; und die grüne Substanz, welche sie ebensowohl wie die basalen Zellen enthalten, wird heller grün. Die Stiele tragen viel vielzellige Haare, wovon, der Angabe Nitschke's zufolge, einige der Scheibe nahe von einigen wenigen runden Zellen überragt werden, welche rudimentäre Drüsen zu sein scheinen. Beide Flächen des Blattes, die Stiele der Tentakeln, besonders die untere Seite der äuszeren, und die Blattstiele sind mit kleinen Papillen (Haare oder Trichome) besetzt, welche eine conische Basis haben und an ihrer Spitze zwei und gelegentlich auch drei oder selbst vier abgerundete Zellen tragen, die viel Protoplasma enthalten. Diese Papillen sind gewöhnlich farblos, aber manchmal enthalten sie ein wenig purpurne Flüssigkeit. Sie sind verschieden in ihrer Entwicklung und gehen wie Nitschke[1] angibt und ich zu wiederholten Malen beobachtet habe, allmälich in die langen vielzelligen Haare über; die letzteren sowohl als die Papillen sind wahrscheinlich die Rudimente von früher vorhanden gewesenen Tentakeln.

Um nicht noch einmal auf die Papillen zurückkommen zu müssen, will ich hier hinzufügen, dasz sie nicht absondern, aber leicht von verschiednen Flüssigkeiten durchdrungen werden; so dasz, wenn lebende oder todte Blätter in eine Auflösung von einem Theil Gold-Chlorid oder salpetersaurem Silber auf 437 Theile Wasser eingetaucht werden, sie schnell schwarz werden und die Entfärbung sich bald bis in das umgebende Gewebe ausbreitet. Die langen vielzelligen Haare werden nicht so schnell angegriffen. Nachdem ein Blatt zehn Stunden lang in einem schwachen Aufgusse von rohem Fleisch liegen gelassen war, hatten die Zellen der Papillen augenscheinlich thierische Substanz aufgesaugt; denn anstatt der klaren Flüssigkeit enthielten sie nun kleine zusammengehäufte Massen von Protoplasma, welche langsam und unaufhörlich ihre Form änderten. Ein ähnliches Resultat ergab sich, nachdem ein Blatt nur 15 Minuten lang in eine Lösung von einem Theil kohlensaurem Ammoniak in 218 Theilen Wasser getaucht wurde; die benachbarten Zellen der Tentakeln, auf welchen die Papillen saszen, enthielten jetzt gleichfalls zusammengeballte Massen von Protoplasma. Wir können daraus schlieszen, dasz, wenn ein Blatt ein gefangenes Insect in der sofort zu beschreibenden Weise dicht umfangen hält, die Papillen, welche von der oberen Fläche des Blattes und der Tentakeln vorspringen, wahrscheinlich etwas von der thierischen Substanz aufsaugen, welche in der Absonderung aufgelöst wird. Dies kann aber mit den Papillen am Rücken der Blätter oder an den Blattstielen nicht der Fall sein.

Vorläufige Skizze der Function der verschiedenen Theile und der Art, auf welche Insecten gefangen werden.

Wenn ein kleiner organischer oder unorganischer Gegenstand auf die Drüsen in der Mitte des Blattes gelegt wird, so übertragen diese


  1. Nitschke hat diese Papillen ausführlich beschrieben und abgebildet, in Botan. Zeitung. 1861, p. 1234, 253, 254.


Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Insectenfressende Pflanzen. Stuttgart 1876, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Darwin_Insectenfressende_Pflanzen_007.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)