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d) Die Angaben des Sachsenspiegels und die Entwicklung des Kurfürstenthums.

Bei der doch immerhin mangelhaften Bestätigung des Ssp. durch die Quellen können wir es nicht unterlassen, seine Angaben noch auf die Frage hin zu prüfen, inwieweit sie als mit der uns bekannten Entwicklung des Kurfürstenthums stimmend Glauben verdienen.

Für den zweiten der Sätze, Bevorzugung von Pfalz, Sachsen, Brandenburg und Böhmen, macht freilich schon der Nachweis, den wir erbracht zu haben hoffen, dass bereits um 1198 zufolge einer verbreiteten Anschauung diesen Fürsten ein Vorrecht eingeräumt wurde, in Verbindung mit der Thatsache, dass sich eine abweichende Ansicht im Volke nicht constatiren lässt, sehr glaublich, dass von einem Vorrechte anderer Fürsten nie die Rede gewesen. Dazu kommt, dass schon bald nach 1250 das Vorrecht jener Vier als ein ausschliessliches Recht erscheint. Diese rasche Entwicklung wäre sehr auffällig, wenn die Ansichten über die Personen der Bevorzugten in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts gewechselt oder wesentlich geschwankt hätten.

Die erste These war durch den Bericht der Marbacher Annalen bestätigt worden. Ihre Glaubwürdigkeit wird erhöht durch die bekannte Thatsache, dass sich das kurfürstliche Recht nicht plötzlich aus dem allgemein fürstlichen Wahlrecht gebildet hat. Besonders klar tritt das Nebeneinander beider Anschauungen, derjenigen von der Gleichberechtigung aller Fürsten und der entgegengesetzten in dem Schreiben des päpstlichen Legaten an die Bischöfe von Schwerin und Havelberg vom 25. März 1252 hervor. (F. R. 5068).

Hier wird an der Rechtmässigkeit der im Jahre 1247 von Bischöfen und Grossen (worunter der Herzog von Brabant und wahrscheinlich auch der Graf von Geldern, F. R. 4885 e) vollzogenen Wahl Wilhelms festgehalten. Dennoch erfährt der dagegen erhobene Einwand einer Anzahl von Städten, dass die Stimmen Sachsens und Brandenburgs der Wahl zu ihrer Gültigkeit fehlten, welcher deswegen, weil die meisten Fürsten Norddeutschlands Wilhelm noch nicht anerkannten, auf der Voraussetzung eines besonderen Kurrechts der beiden Fürsten beruht, so weit Berücksichtigung, dass die Widerstrebenden auf die erfolgte Anerkennung des Königs durch die genannten Fürsten

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 307. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_307.jpg&oldid=- (Version vom 7.6.2023)