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Bunde mit ihm aufträte. Es liege sichtbar mehr in seinem Interesse, sich der Mächte von mittlerer Grösse zu bedienen, welche bei gleicher Dienstleistung keinen Verdacht erregen und keine zu grossen Vortheile verlangen; für die grossen Mächte genüge es ihm, sie so hineinzuziehen, dass sie eine untergeordnete Rolle spielen und in seinen Augen ungünstig und nutzlos erscheinen. So verfuhr er unglücklicherweise 1807–1808 mit Russland, und dasselbe Schicksal könne Oesterreich erwarten, wenn es ihm nicht zu entgehen verstünde.

Die Lage blieb vorläufig unverändert; Metternich schwankte zwischen den grössten Besorgnissen und der immer noch festgehaltenen Hoffnung, die Neutralität wahren zu können. Humboldt wundert sich, dass man aus Paris gar nichts Neues erfahre; er meint, das Einzige, was feststünde, seien die Vorbereitungen zum Kriege auf beiden Seiten; er ist mit Recht auf’s höchste erstaunt, dass Metternich in Petersburg angedeutet habe, man thue Unrecht, seine Kräfte gegen die Türkei zu vergeuden, während man sie für den Fall der Nothwendigkeit gegen einen gemeinsamen Feind befestigen und schonen müsste, also dass Metternich so frei aus sich herausginge[1].

Schon aber spitzte sich die Sache zu. Am 15. August sprach Napoleon bei der Cour zu dem Russischen Gesandten Fürsten Kurakin in seiner Weise bald leidenschaftlich, bald affectirt sanft über die Rüstungen Russlands; er verlangte Aufklärungen über die Pläne und Absichten des Russischen Hofes, und da Kurakin sie zu geben nicht vermochte, forderte er ihn auf, sofort einen Courier nach Petersburg zu senden, um sie zu gewinnen. Er schloss mit Drohungen, dass er jetzt schon 200,000 Mann, im Frühjahr 400,000 Mann zur Verfügung haben werde. Humboldt berichtete auf Grund von Schwarzenberg’s Depeschen, die Metternich ihm zugänglich machte, seinem Cabinet den Inhalt der Unterredung, die für jeden, der Napoleon kannte, eine deutliche Kriegsdrohung war. An der Oesterreichischen Politik änderte aber diese Verschärfung der Lage nichts[2]; und von den Verhandlungen, die das Berliner Cabinet in diesen Monaten (Juli bis September) mit dem Petersburger begonnen hatte, erfuhr

  1. Berichte vom 3., 6., 17. Juli; s. a. Häusser 3, 534.
  2. Bericht vom 1. September 1811.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_104.jpg&oldid=- (Version vom 24.5.2023)