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ausser uns und unseren Freunden“. Mit Hilfe dieser im Finstern schleichenden Macht hat Humboldt erster Minister werden wollen, selbstverständlich nicht, um „der Dupe des Firlefanzes dieser Secte“ zu werden, sondern um die Leiter von sich zu werfen, sobald er sein Ziel erreicht. Die „Tugendfreunde“ haben ihn wirklich als den homme par excellence auf den Schild gehoben, die Damen von Berlin, nicht ausgenommen die Prinzessinnen von Geblüt, haben allen ihren Einfluss aufgeboten, um ihn zum Minister zu machen, aber – „der Schutzgeist Preussens“ hat gewacht, indem er Hardenberg die Oberhand verschaffte, und so ist Humboldt nach Wien bestimmt worden, damit er von Berlin entfernt würde und dort eine Stelle einnähme, die der König dem Grafen Finkenstein „um keinen Preis“ mehr lassen wollte. „Die Liebenswürdigkeit seiner Formen,“ setzt Graf Bombelles hinzu, „steht in pikantem Gegensatz zu der Hässlichkeit seiner Züge; ohne Mühe gewinnt er sich mittelst gut gespielter Biederkeit ein Vertrauen, das ihm rückhaltlos zu gewähren nicht klug wäre.“ Er habe auch mit Herrn von Stein stets im engsten Vernehmen gestanden.

Dieser von Unkenntniss und Hass gleich strotzende Bericht musste bei der bekannten Furcht des Wiener Hofes vor dem Tugendbunde dort gründlich die Abneigung gegen Humboldt steigern. Unterm 18. Januar 1811 forderte Kaiser Franz Erhebungen über den Tugendbund, und Freiherr von Wessenberg berichtet[1] am 13. März an Metternich unter Anderem: „Was Humboldt betrifft, so wage ich zu glauben, dass er zu viel Geist und Verstand hat, um eine gleiche Verbindung zu billigen, aber man hat ihn beschuldigt, er habe seine Position mittelst dieser Secte verstärken wollen, besonders so lange er geglaubt hat, dass sie einigen Einfluss auf die Königin haben könnte“. Metternich aber macht in seinem drei Tage später an den Kaiser abgestatteten Bericht[2] Humboldt nebst Stein und Beyme zu den vorzüglichsten Chefs und Beförderern des Tugendbundes, schränkt jedoch ein: „Von den letzteren (Humboldt und Beyme) wird jedoch behauptet, dass sie sich desselben mehr als Hilfsmittel zur Erreichung ihrer eigenen Absichten bedient haben“.

Unter solchen Auspicien trat Humboldt sein neues Amt an,

  1. Stern, Abhandlungen und Actenstücke 38.
  2. Stern 41.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_081.jpg&oldid=- (Version vom 24.5.2023)