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zu Frankreich stände, und die Hoffnung ausgesprochen, dass Oesterreich im gegebenen Falle für Preussen wirken werde. Es wird grosser Werth auf die Uebereinstimmung mit dem Kaiserstaat gelegt, nur solle alles vermieden werden, was den Verdacht Frankreichs erregen könne. Seiner besonderen Aufmerksamkeit wird zu untersuchen empfohlen, ob das verwandtschaftliche Band zwischen beiden Höfen auch eine politische Verbindung herbeigeführt habe; er solle ferner die Thätigkeit und den Einfluss von Metternich’s Gegnern, die Finanzverhältnisse und den Zustand der Armee beobachten. Nicht minder solle er seine Aufmerksamkeit auf Oesterreichs Verhältniss zu Russland, besonders im Hinblick auf die Orientalische Frage, richten, sichere Nachrichten über Spanien und die Aussichten des maritimen Friedens zu erlangen suchen, Oesterreichs Beziehungen zu den Rheinbundstaaten im Auge behalten und erforschen, ob Napoleon sich zum Kaiser des Abendlandes krönen lassen werde, und was man in Wien über die Schwedische Thronfolge denke: ob ein bisher nicht regierender Prinz oder der König von Dänemark die Krone erhalten würde.

Mit dieser inhaltsleeren Instruction, die keinen bestimmten Auftrag enthielt, ging Humboldt unter äusserst schwierigen Verhältnissen, von denen er aber wohl wenig ahnte, auf seinen neuen Posten ab. Zwar schreibt er an Stein (10. October 1810)[1]: „So sicher ich auch überzeugt bin, dass ich nie mehr werde dienen, und überhaupt schwerlich in Berlin gebraucht werde, so ist doch einmal mein fester Vorsatz, mich keinem Ruf zu entziehen“. Die Hauptschwierigkeit lag in dem Misstrauen Hardenberg’s, das aus unaufgeklärten Ursachen entstanden war[2]. Eben noch hatte er ihn zum Minister des Innern vorgeschlagen; die Ernennung war nur daran gescheitert, dass zu diesem Ressort auch die kirchlichen Angelegenheiten gehörten, und der König Bedenken trug es einem Manne zu übertragen, der im Ruf der Irreligiosität stand[3]. In zwei Briefen vom 22. Juni und vom 12. August 1810[4] legt Humboldt dem leitenden Minister die Geschäfte seines bisherigen Amtes dringend

  1. Pertz 2, 534.
  2. Treitschke I, 366.
  3. Ranke, Hardenberg (Werke 48) S. 163; Weitere Mittheilungen aus Schön’s Papieren S. 98 und mein eben citirter Aufsatz: Hist. Zeitschr. 38.
  4. Hist. Zeitschr. 65. Köpke, Univ. Berlin S. 217.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_079.jpg&oldid=- (Version vom 24.5.2023)