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die Wiedereinsetzung Eardulf’s, der bisher freundliche Beziehungen zu ihm unterhalten hatte[1]. Aber er wünschte doch, den mächtigen Erzbischof von York mit mehr Vorsicht zu behandeln, damit nicht durch allzu rücksichtslose Eingriffe der Curie das päpstliche Ansehen in der Angelsächsischen Kirche herabgesetzt oder wohl gar, wie der Papst sich ausdrückte, der Ertrag der Bemühungen seines Vorgängers, des Papstes Gregor, jetzt zunichte gemacht würde[2]. Er versuchte, so scheint es, den Erzbischof durch Vereinbarung anstatt durch Befehl zum Nachgeben zu bringen. Diese Bestrebungen liefen nun neben denen Karl’s her; im Ziele mit dem Kaiser übereinstimmend, suchte Leo unter der Hand die Angelegenheit nach seinem Wunsche zu ordnen.

Den verlangten Brief an Eanbald liess er nicht, wie Karl gefordert, durch einen neuen Legaten nach England bringen, sondern bat den Kaiser, einen eigenen Boten hinzusenden, damit dieser gemeinsam mit dem schon dort weilenden Legaten dem Erzbischof von York die Vorladung übergebe. Vielleicht war es in der That die Rücksichtnahme auf die Geistlichkeit oder das Volk von Northumbrien, die den Papst dazu bewog, damit sie nicht durch allzu häufige Sendung von Legaten gereizt würden[3]. Oder wollte er etwa die unerwünschte Botschaft an den Erzbischof lieber von einem Beamten des Kaisers überbringen lassen, damit offen dargethan würde, von wem sie in Wahrheit ausging?

Für den Fall, dass Karl seiner Bitte nicht willfahren würde, liess er indess einen Legaten sich bereit machen, der sogleich aufbrechen sollte, wenn jener darauf bestände.

Wir wissen nicht, wie der Kaiser sich entschieden hat. Jedenfalls ist es sehr wohl möglich, dass im Verlaufe des Sommers noch ein Legat nach England geschickt wurde, und dass dies erst der Diakon Aldulf von Angelsächsischer Herkunft war, der von Karl freundlich

  1. Ad nos missos suos dirigebat.
  2. Heinsch a. a. O. S. 95 bringt diese Aeusserung in einen durchaus falschen Zusammenhang; ähnlich Winkelmann, Gesch. der Angelsachsen. Berlin 1883 S. 126.
  3. Quia missum nostrum nondum suscepimus; et ipsi homines dolosi sunt, ut ne, missos super missos suscipientes, in dolositate eveniant, – eine Stelle, die noch wenig beachtet ist. Die Vorsicht Leo’s in der Behandlung der Angelsächsischen Geistlichkeit würde eine hinlängliche Erklärung finden durch den von Haddan und Stubbs III, 559 in das Jahr 805 gesetzten Protest der Britannischen Geistlichkeit gegen die Sitte, das Pallium von Rom zu holen, wenn man sich nur von der Echtheit dieses Bruchstückes überzeugen könnte.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 357. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_357.jpg&oldid=- (Version vom 14.5.2023)