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Kirche fördern, sie in ihren weltlichen Rechten vertheidigen und in ihrer geistigen Macht, ihrem Glauben beschützen. Es gab kein Interesse der Kirche, das sie nicht gegen den Gesalbten auf Grund der Benediction geltend machen konnte[1]. Die Weihe war gleichzeitig den Söhnen Pippin’s, den nachmaligen Königen, ertheilt, so dass diese bei Antritt der Regierung bereits ebenso verpflichtet waren wie ihr Vater. Stephan III. hat, als eine Verheirathung Karl’s mit einer Langobardischen Prinzessin in Aussicht stand, den Fürsten sofort erklärt, die Ehe mit einer Tochter dieses verruchtesten aller Völker sei nicht im Einklang mit dem heiligen Oele, mit dem sie durch die Hände des Vicars des Apostelfürsten geheiligt worden seien. „Hütet euch“, so schrieb er den Königen, „vor solcher Schuld“[2].

So war das Reich der Franken der Kirche zu ungemessenen Leistungen verpflichtet.


V. Das Bündniss.

Der König der Franken hatte dem Papste die beanspruchten Länder verheissen und ihm versprochen, seine Kirche zu vertheidigen, ohne dass er für diese Leistungen eine seinem Volke nützliche Gegenleistung erhielt[3]. Aber auch der Papst sollte sich dem Könige verpflichten. Sie gingen einen gegenseitigen Vertrag ein, bei dem die Leistungen des Einen für gleichwerthig den Leistungen des Anderen galten: sie wurden verbündete auswärtige Mächte.

Der Bundesvertrag legte den Vertragschliessenden principiell dieselben Pflichten auf und gab ihnen dieselben Rechte, allein dennoch war ihr Interesse kein gleiches. Der Papst vermochte den grössten und den besten Theil seiner Befugnisse statt aus dem Bunde aus dem weiten und dehnbaren Schutzvertrage abzuleiten,

  1. Diese neue kirchenpolitische Verwerthung der Salbung zeigt sich gleich in den ersten Briefen der Päpste nach der Weihe, Codex Carolinus S. 489, 42. 493, 11. 496, 15. 510, 15. 513, 27. 520, 21. 523, 14. 528, 40. 530, 37. 539, 21. 540, 11. 543, 6. 652, 1. Auch diese Wendung ist formelhaft geworden.
  2. Codex Carolinus S. 561, 37.
  3. Constantin II. schrieb gelegentlich an Pippin, sein Handeln sei dienlich pro stabilitate regni, ebd. S. 652, 1. Vgl. nachher Capitel VII gegen Ende.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 336. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_336.jpg&oldid=- (Version vom 18.5.2023)