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Der Kaiser schrieb eine neue Steuer in seiner Provinz Italien aus. Gregor II. verhinderte die Erhebung, indem er für seine Kirche nicht zahlte und die übrigen Grundbesitzer auf seine Aufforderung die Abgabe gleichfalls verweigerten[1]. Er hatte damit die herrschende Partei an ihrer empfindlichsten Stelle getroffen. Was sollte aus dem Glanze des Hofes und aus den Beamten werden, wenn die Unterthanen sie nicht mehr ernährten? Die Italiener sollten nach wie vor für sie die Kosten tragen, auch als die Leistungen des Staates immer schlechter und schwächer geworden waren. Wohl war der Papst kein guter Unterthan, wenn er sich der in der Ausübung ihrer Gewalt befindlichen Obrigkeit widersetzte, und die Güter seiner Kirche konnten die Steuern am ehesten aufbringen, er machte jedoch von dem Gelde einen gemeinnützigeren Gebrauch als der Kaiser. Der Exarch sendete auf den Befehl, den Papst seines Amtes zu entheben, Truppen gegen ihn aus. Die Römer waffneten sich zum Widerstande und Langobarden verbündeten sich mit ihnen. Die, welche sonst durch Staat und Nation geschieden und einander oft feindlich waren, vereinigten sich hier, um den Papst und seine Kirche in der Steuerverweigerung zu beschützen: sie haben des Kaisers Absicht vereitelt.

  1. Die Vita Gregorii II. c. 16 stellt die Steuerverweigerung als eine Handlung für sich dar, während Theophanes S. 404. 408. 409 (de Boor) sie mit dem allgemeinen Abfall im Bilderstreit verbindet, so dass sie hier nur als eines der päpstlichen Kampfmittel erscheint. Ich halte die Biographie für den genaueren Bericht und vermuthe, dass die Auflehnung sich gegen eine Steuerreform des Kaisers richtete, s. Finlay a. a. O. II, 31. 37. 38. 40. Zachariae von Lingenthal, Geschichte des Griechisch-Römischen Rechts (3. Aufl.) S. 234 f. und Zeitschr. für Rechtsgesch. XXIIa 272. Eine Verletzung der kaiserlichen Steuerprivilegien für die Römische Kirche (Vita Johannis V. c. 2, Cononis c. 3) ist nicht angedeutet. Vgl. Marca, Sacerd. et imper. III, 11, 1. Muratori, Annali d’Italia 727. Hefele III, 389. Gibbon ch. 49 Anm. 38. Engelen, Die ersten Versuche zur Gründung des Kirchenstaates 1882 S. 7–9. Armbrust a. a. O. S. 36 ff. Diehl, Études S. 377. Hartmann a. a. O. S. 91. 171. Pinton, Archivio Veneto 38, 371. Der Kaiser liess dem Papst auch nach dem Leben stellen, Vita Gregorii II. c. 14. 15. 16, und zog später päpstliche Güter in Sicilien und Süditalien ein, Theophanes S. 410. – Wenn der Mönch Georgius IV, 248, 18 S. 636 (Muralto) vgl. Cedrenus S. 799 (Bekker) erzählt, Gregor II. habe sich mit ganz Italien der Botmässigkeit der Franken unterwerfen wollen, so wird er den Bericht des Theophanes verwirrt haben.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 312. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_312.jpg&oldid=- (Version vom 16.5.2023)