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die Nachricht von der Gefährdung des Papstes zogen die Milizen Mittelitaliens eigenmächtig nach Rom und nöthigten den Commissar des Kaisers, von der Ausführung seines Auftrages abzustehen. Er reiste ab, nachdem der Papst sein Leben vor den Aufständischen gesichert hatte[1]. Die Streitfrage, ob Christus zwei Willen, einen göttlichen und einen menschlichen, oder ob er nur einen Willen gehabt habe, war durch das sechste ökumenische Concil 680 zu Gunsten des doppelten Willens entschieden worden. Als ein neuer Kaiser die Lehre von dem einen Willen im Jahre 712 wiederholte, hat der Papst mit einer Römischen Synode protestirt. Die Römer begnügten sich nicht mit der Demonstration, ein Bild mit den sechs allgemeinen Concilien in der Peterskirche aufzustellen, sondern beschlossen, jedem Befehl des Kaisers den Gehorsam zu versagen, seine Goldmünzen nicht anzunehmen, sein Bild von der Kirche auszuschliessen und seinen Namen in der Messe zu übergehen. Als damals der Exarch einen neuen Dux für Rom bestellte, musste dieser nach einem Strassenkampfe die Ausübung seines Amtes aufschieben. Der folgende Kaiser erklärte sich für den Beschluss der sechsten Synode und übersandte obendrein den Römern sein Bekenntniss, und jetzt, nachdem die Empörung gegenstandslos geworden war oder ihr Ziel erreicht hatte, vermochte auch der Dux sein Amt gegen die Zusage, keine Feindseligkeiten zu begehen, anzutreten[2]. Diese Empörungen waren unblutig verlaufen und ihre Theilnehmer sind unbestraft geblieben[3].

Allgemeiner und folgenreicher wurden die Aufstände Italiens unter Gregor II.

  1. Vita Sergii c. 6–9.
  2. Vitae Constantini c. 8. 10. 11. Vgl. Vita Gregorii II. c. 5. Liber diurnus 73. 84. 85. Wer eine kaiserliche Goldmünze nicht in Zahlung nehmen wollte, beging ein todeswürdiges Majestätsverbrechen, Seeck bei Sallet, Zeitschrift für Numismatik XVII, 51 f.
  3. Die von der Vita Constantini c. 2 und von Agnellus, Liber pontificalis ecelesiae Ravennatis c. 137–141 gemeldeten Bestrafungen von Ravennaten lassen sich nicht auf die Unterstützung des Papstes beziehen. Die Empörungen wurden jetzt immer häufiger. Unter Johann VI. wurde der Exarch in Rom von Milizen aus ganz Italien bedroht, Vita Johannis VI. c. 1. Unter Constantin ermordeten die Ravennaten den Exarchen, Vita Constantini c. 4, und erkoren sich ein eigenes Stadthaupt, Agnellus c. 140. Unter Gregor II. wollte sich Tiberius zum Kaiser aufwerfen, Vita Gregorii II. c. 23.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 311. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_311.jpg&oldid=- (Version vom 16.5.2023)