Seite:De DZfG 1894 11 303.jpg

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

Vergangenheit in zweckgemässe Uebereinstimmung gebracht. Die Macht der Kirche über die Menschen beruhte auf dem Glauben an die Unsterblichkeit der scheinbar Todten und an die Wirkung der Sünde und der Sündenvergebung. Um den Papst zum Meister und Beherrscher der Seelen zu machen, ging von Rom die Lehre aus, Petrus habe von Christus die Befugniss empfangen, die Sünden im Himmel und auf Erden zu erlassen[1]. Wurde ein solcher Apostel von dem Abendlande wie ein Gott verehrt, so glich der Papst, sein Statthalter, einem Gott auf Erden[2].

In Italien nahm der Bischof von Rom eine besondere Stellung ein. Die meisten Bischöfe des Landes waren ihm untergeben; er bestätigte ihre Wahl und ordinirte sie; sie schwuren ihm, von dem rechten Glauben nicht abzuweichen und den Nutzen der Römischen Kirche stets zu fördern[3]. In diesen gehorsamspflichtigen Klerikern besass der Papst nicht nur kirchliche Anhänger, sondern auch Männer, welche durch den Reichthum ihrer Aemter mächtig waren und als wichtige politische Verstärkungen galten. Diejenigen unter diesen Bischöfen, deren Diöcese Langobardisch war, vertraten die Politik des Papstes im Lande seiner Feinde.

Ausser seiner eigenartigen Gewalt in der Kirche besass der Papst Befugnisse im Staate, die er zwar mit den übrigen

  1. Diese Formel gebrauchte z. B. Gregor I., Reg. V, 37. Liber diurnus 75. 76. 83. Avitus, Homil. XVI, 1. Codex Carolinus S. 511, 15. 552, 16. 563, 1. 572, 9. 573, 22. 575. 587. 594, 15. 597, 1. 599, 30. 600, 26. 602, 8. 603, 13. 604, 15. 606. 610, 21. 611, 26. 613, 35. 616, 30. 618, 25. 620, 31. 623, 36. 624, 4. 626, 19. 628, 33. 629, 22. 630, 30. 633. 634, 35. 638, 2. Gemäss dem Formular des Liber diurnus hat auch Bonifatius 722 diese Gewalt des Papstes anerkannt, Mon. Germ., Epist. III, 265; er war Missus Petri, Capitularia I, 25, 1. Ein älteres angebliches Schreiben Leo’s I. Pflugk-Harttung, Acta pontif. roman. II, 29 S. 11. Vita Leonis III. c. 7, Valentini c. 8, Leonis IV. c. 73. 93. 95. Harnack a. a. O. I, 384. III, 42. 135. 216.
  2. Leo I., sermo 3–5, Migne 54, 144 ff. So schrieben Päpste an die Kaiser 680 und 785 Migne 87, 1217. 1225. 96, 1217 f. Eine ähnliche Stelle daselbst 89, 516 gehört dem unechten Schreiben bei Jaffé 2180 an, siehe Duchesne, Liber pontificalis I, 413. II, 565, Guérard, Mélanges d’archéologie et d’histoire X, 44–60, Kattenbusch, Vergleichende Confessionskunde I, 379 Anm., Harnack a. a. O. II³, 455.
  3. Liber diurnus 73. 75. 76. Vgl. Codex Carolinus S. 577, 36.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 303. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_303.jpg&oldid=- (Version vom 15.5.2023)