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Gern hätte Müller dieser ungewissen Lage ein Ende gemacht und eine königliche Cedula begehrt, die ausdrücklich die Ausnahmestellung des Hauses gewährleistet hätte. Nicht nur die Fugger drängten ihn dazu; auch Lorenzo Spinola, der in derselben glücklichen Lage war, vom Decret nicht betroffen zu werden, lag ihm darum an, in der Hoffnung, nach diesem Präcedenzfalle auch für sich eine gleiche Sicherstellung zu erreichen. Müller erkannte aber auch vollkommen die entgegenstehenden Schwierigkeiten, und sein beständiger Rath ging dahin, den König nicht durch unzeitige Ansprüche „unschlundig“ zu machen.

Schon Mitte Januar kam der Zahlmeister Garnica in königlichem Auftrage nochmals zu Müller und begehrte die Erlegung von 200 000 Ducaten in Flandern, gegen Erlegung der Summe in Madrid und der Erlaubniss zur baaren Ausführung. Da diese natürlich unmöglich war in der Zeit, bis die Auszahlung in Flandern erfolgen sollte, so suchte Müller ihn hinzuhalten und machte unterdessen in Augsburg Vorschläge, wie man das Geschäft ausführen könnte. Allein noch ehe er die Ermächtigung zum Abschluss aus Augsburg erlangen konnte, musste er, um grösserem Unheile zu begegnen, dem Drängen Garnica’s nachgeben und die Zahlung übernehmen.

Trotz dieser dem König gewordenen Hilfe blieb die Decretogefahr auch für die Fugger bestehen; behaupteten doch die Abrechner, dass dem König ein volles Drittel dessen, was er durch das Decret verdienen könnte, entgehen würde, wenn er die Fugger und Spinola schonte, eine Behauptung, die nur zu sehr geeignet war, den misstrauischen und in Geldsachen besonders genauen König Philipp gegen die Fugger einzunehmen. Müller verhehlte sich keineswegs die wachsende Gefahr und that alles Mögliche, um ihr zu begegnen. Unter dem Vorwande, wegen der Fugger’schen Forderungen für geliefertes Quecksilber zu unterhandeln, wandte er sich wiederholt durch Garnica an den König selbst, um diesem die grossen Verdienste des Fugger’schen Hauses ins Gedächtniss zu rufen und einen Schutzbrief zu erhalten; aber er erlangte immer nur beruhigende Worte und Vertröstungen auf die Zukunft.

Dennoch fühlte er instinctiv, dass die Lage von Monat zu Monat kritischer wurde, so dass er im August freiwillig mit seinen Büchern bei Garnica erschien, diesem den Vertrag von

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 289. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_289.jpg&oldid=- (Version vom 15.5.2023)