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kunstreichen Bau Bresche zu legen droht und denen, welche die Schuld des Ordens behaupten, erwünschte Blössen darbietet.

Verfasser dieses neuesten Beitrages zur Templercontroverse ist Dr. phil. Julius Gmelin, Pfarrer in Grossaltdorf. Schon an dem Titel seines Buches „Schuld oder Unschuld des Templerordens. Kritischer Versuch zur Lösung der Frage[1] könnte man Anstoss nehmen. Ist er nämlich als Frage gemeint, so steht er mit dem Inhalt des Buches in Widerspruch, den ein einziges stürmisches Plaidoyer für die Templer ausmacht. Wird der Titel aber nicht als Frage gefasst, so erregt er die Erwartung, es werde eine unparteiische, erschöpfende Darlegung der von beiden Seiten vorgebrachten Argumente geboten, schliesslich aber dem Leser überlassen werden, wofür er sich entscheiden und was er demnach für sich als Ergebniss der erneuten Prüfung gelten lassen will. Ist darin vielleicht das in dem Verfasser sich dunkel regende Gefühl zum Ausdruck gekommen, dass es mit der zwingenden Richtigkeit seiner Beweisführung doch nicht ganz so steht, wie er geglaubt hat? Kann man sich doch eines gewissen Staunens nicht erwehren, diesen überzeugten Vertheidiger des Ordens, den er völlig schuldlos einem nichtswürdigen Attentat der Kirche und des französischen Königthums erliegen lässt, bei der Ziehung des Schlussergebnisses an dem bisher im Glorienschein des Martyriums gesehenen Orden Gebrechen entdecken und Verirrungen als möglich zugeben, ja als wahrscheinlich bezeichnen zu hören, denen gegenüber der von ihm eingenommene Standpunkt kaum zu halten sein dürfte.

Gmelin’s Arbeit ist einer Anregung entsprungen, die Bernhard v. Kugler ihm während seiner Studienzeit gegeben hat, indem er ihn zu einer Nachprüfung meines 1879 erschienenen Buches „Geheimlehre und Geheimstatuten des Tempelherrenordens[2] aufforderte. Ehe Gmelin aber mit seinen Forschungen zum Abschluss kam, erschienen Schottmüller’s „Untergang des Templerordens[3] und mein „Entwicklung und Untergang des Templerordens[4], ferner aber H. Ch. Lea’s „History of the Inquisition of the Middle ages[5].

  1. Stuttgart, Kohlhammer. 1893.
  2. Berlin, Mittler u. Sohn. 1887.
  3. 2 Bde. Berlin, Mittler u. Sohn. 1887.
  4. Berlin, Grote. 1888.
  5. 3 Bde. New-York. 1888.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 243. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_243.jpg&oldid=- (Version vom 12.5.2023)