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exire; von Gregor stehe dagegen fest: iugum regulae contra regulae disciplinam collo protinus excussit. Wie ganz anders sei doch das Verhalten des ersten Gregor gewesen! Ihn habe Papst Benedict mit Gewalt dem Kloster entreissen müssen! Den geradezu entgegengesetzten Standpunkt nimmt Mangold von Lautenbach ein: monachilis silencii censura interim paullulum intermissa habe Gregor VII. dem Beispiele Gregor’s I. entsprochen, man dürfe ja nur an dessen Reise nach Konstantinopel denken. In der Ueberschrift des Capitels rechnet er es seinem Helden zum Verdienste an, quod suscepto religionis habitu tot urbes et regiones perlustrat[1]. So viele Worte, so viel Eifer um einen Irrthum, in dem die Menschen sich befunden hätten!

Aber schon ein Zeitgenosse hat ja nach Martens gezweifelt, ob Hildebrand einem Orden angehört habe!

Wido von Ferrara schreibt: – – – cum, adhuc adulescentulus, monachus diceretur, magnam sibi pecuniam congregavit. Dass damit das Mönchthum Hildebrand’s nicht geradezu abgeleugnet sei, mag Martens einräumen; aber der Ausdruck diceretur enthalte „doch zum Mindesten einen Zweifel“, ob der Jüngling durch ein Gelübde sich wirklich gebunden habe. Mit demselben Rechte könnte man behaupten, Kreusa habe in ihrer Frage: Uxor quondam tua dicta relinquor? „zum Mindesten einen Zweifel“ geäussert, ob sie die Gattin des Aeneas gewesen sei, und die Worte Gregor’s I.: Hoc in loco quisquis pastor dicitur etc.[2], – sie enthielten „zum Mindesten einen Zweifel“, ob es in Rom Bischöfe geben würde. Das genügt, um den einzelnen Ausdruck zu erläutern. Und der Zusammenhang des ganzen Satzes? Die Antwort kann nur lauten: Hätte Wido an Hildebrand’s Mönchthum gezweifelt, so verlöre seine Anklage ihre rechte Bedeutung. Endlich muss ich bemerken, dass die Worte nicht eigentlich von Wido herrühren, sondern aus einem Briefe des Gegenpapstes[3], der doch gewiss den wahren Stand seines Concurrenten gekannt hat.

  1. ibid. I, 331. Der Text erschien ungefähr gleichzeitig mit der Arbeit von Martens; die Ueberschriften waren auch früher schon gedruckt.
  2. Lib. I, ep. 24 ed. Ewald-Hartmann I, 35.
  3. Das zeigte 1880 Panzer, Wido von Ferrara S. 57–63, und ihm hat sich namentlich auch Dümmler in seiner Ausgabe angeschlossen, Libelli I, 554 Anm. 1.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 236. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_236.jpg&oldid=- (Version vom 12.5.2023)