Seite:De DZfG 1894 11 171.jpg

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

und rieth ihnen dass sie sich entfernen sollten, allein darum bekümmerten sie sich wenig, er musste sein Geld und Uhr hergeben, und dann liessen sie ihn in Frieden weiters ziehen. Höchstwahrscheinlich waren diess beurlaubte Soldaten.

Die Politik und das Interesse des Kaiserlichen Hofs bringt es mit sich, dass derselbe unaufhörlich neue Edelleuthe macht; Joseph allein soll schon während seiner Regierung an 1000 Familien in den Adelstand erhoben haben. Er will, dass sein Adel Militairdienste nehmen soll, daher avançirt kein Unadlicher leicht in der Armee.

Es ist bekannt, dass der Kaiser gerne sieht, wenn die Leute, die er zu Gesicht bekömmt, viel Gesichtsfarbe haben, und die, welchen sie mangelt, sich schminken. Nicht nur Frauenzimmer, sondern junge Herrn in Menge – sogar Offiziers – schminken sich in Wien. Hier wäre ein Ramin gut plaçirt; wie würde der mit den schönwangigten Hrn. Offiziers umspringen, da er nicht einmal weiss seidne Strümpfe an ihnen leiden wollte!

Eine gewisse Dose von Wiz kann man dem Kaiser nicht absprechen, aber zuweilen plaçirt er seine Bons mots so übel, dass sie ihn verächtlich machen, und die Leute gegen ihn aufbringen müssen; besonders wenn er als Regent zu seinen Unterthanen spricht, und sich solche Ausdrüke erlaubt. Bey der Reformation der ungarschen dicasterien schaffte er mit Recht das verderbliche Herkommen ab, dass gewisse Gerichtsstellen sich unabänderlich von Vater auf Sohn forterbten, ohne dass jemand daran denken durfte die Talente des Nachfolgers zu untersuchen und befahl dass inskönftige bloss persönliche Verdienste und Geschiklichkeit, und nie mehr die Verwandtschaft auf die Besezung solcher Stellen Einfluss haben sollte. Der ungarsche Adel, der sich bisher in seinem Besiz sicher geglaubt, und also nichts gelernt hatte, sezte sich gegen diese Verordnung, und verlangte bey dem alten Herkommen geschüzt, und in die Stellen wieder eingesezt zu werden. Der Kaiser gab ihnen ihre Bittschrift zurük, nachdem er aussen darauf geschrieben hatte: was soll man mit Leuten anfangen, die den ganzen Tag nur deremdediren? (deremdede, der Teufel hat dich erschaffen, ist der gewöhnliche Schwuhr der rohen Ungarn). Dies Bonmot machte gleichsam die ganze Nation verächtlich, und brachte sie im höchsten Grad gegen den Kaiser auf; sie werden es ihm auch gewiss nicht so bald vergessen. –

Im vorigen harten Winter, da der Kaiser einst aus seinem Billardzimmer in einen andern Theil des Pallasts hinhüpfte, ward er im Hof von einem armen Weib um ein Almosen angefleht, welches ihm klagte, dass sie es bald vor Kälte nicht mehr aushalten könne und kein Geld habe sich Holz zu kaufen. Wenn sie friert, so spiel sie nur Billard,

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 171. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_171.jpg&oldid=- (Version vom 9.5.2023)