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so musste sie verständlich sein, d. h. sie durfte sich nicht weit von dem wirklichen Buchtitel entfernen, und so wage ich es, indem ich Lucan’s „ritus formasque deum“ unter den von Servius dargebotenen Begriff „sacra“ zusammenfasse, Seneca’s verlorenem Buche die Ueberschrift „de primordiis (origine?) situ, moribus et sacris Aegyptiorum“ beizulegen[1]. Wer mir bis hieher gefolgt ist, wird auch den letzten Schritt noch mit mir thun: Tacitus, der nicht nur in seiner ganzen Weltanschauung von Seneca beeinflusst ist, sondern auch durch zahlreiche sachliche und sprachliche Einzelheiten seine gründliche Vertrautheit mit den Werken des Philosophen an den Tag legt[2], hat mit einer in der Natur des Gegenstandes begründeten Aenderung den Titel seiner Schrift über Germanien nach dem Titel von Seneca’s Schrift über Aegypten gestaltet. Der Römer, den man einst mit Unrecht zu den ersten Christen gezählt hat, und der Christ, den man heute noch mit Recht zu den letzten Römern rechnet, beide treten sie ein für die viergliedrige Ueberschrift des codex Leidensis.

Carl Weyman.     


Bischof Marco. Ein Beitrag zur Helmold-Kritik. Bei den in neuerer Zeit so lebhaft geführten Erörterungen über die Glaubwürdigkeit Helmold’s hat bekanntlich die Persönlichkeit jenes Marco, den der Pfarrer von Bosau an vier Stellen seiner Slavenchronik[3] als den ersten Bischof von Aldenburg nennt, eine besonders bedeutende Rolle gespielt. Schon Lappenberg[4] hat an diesen Angaben Helmold’s scharfe Kritik ausgeübt. Indem er der Ansicht ist, von einem Aldenburger Bischof Marco finde sich in Urkunden oder Schriftstellern älterer Zeit keine Spur, und hervorhebt, dass selbst der Name Marco, verschieden von Marcus, sonst nicht vorzukommen scheine, indem er es weiter ausdrücklich ablehnt, einen Merka, welchen Adam von Bremen[5] unter den von Adaldag geweihten Dänenbischöfen nennt, hieher zu ziehen, meint er, die Erzählung

  1. Zu „situs Aegyptiorum (Germanorum)“ vgl. Tacitus ann. IV, 33 „situs gentium“. Vgl. ferner „originem, mores“ (von einer Person) verbunden bei Tac., ann. IV, 1, auch „mores gentium, regionum situs“ Plinius, paneg. 15; vgl. Vellejus Paterculus II, 96, 3 (nach Sallust, Jug. 17, 1?).
  2. M. Zimmermann, De Tacito Senecae philosophi imitatore (Breslauer philologische Abhandlungen V, 1. 1889), bes. p. 54 f. und 67.
  3. Helm. 1, 12 (zweimal). 14. 69.
  4. Archiv der Gesellschaft für ältere Deutsche Geschichtskunde 9, 387 ff. Ich gebe im Folgenden die Erwägungen Lappenberg’s in etwas anderer Reihenfolge wieder, als er selbst sie vorträgt.
  5. Gest. pont. Hammab. 2, 23.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 154. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_154.jpg&oldid=- (Version vom 8.5.2023)