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im besonderen die Gerichtsbarkeit des Rectors und des Kanzlers allein auf die päpstlichen Bullen gründet. Der Anfang dieser Gerichtsbarkeit war in Bologna mit Kaiser Friedrich’s „Authentica Habita“ gegeben und hier und in anderen Italienischen Städten durch Beschlüsse und Verträge der Stadt geregelt[1]. In Paris begann die Gerichtsbarkeit des Kanzlers mit einem Privileg des Königs, und sein Recht auf die Ertheilung der Lizenz erwuchs aus seiner Stellung zur Domschule, wurde durch päpstliche Anordnung später nur geregelt, nicht begründet.

An den Deutschen Universitäten, die bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts sämmtlich durch päpstliche Stiftungsbriefe gegründet bezw. verstattet wurden, war allerdings regelmässig die Befugniss des Kanzlers, die Licenz zu ertheilen, durch päpstliche Autorität begründet worden: aber nicht weil dies nothwendig geschehen musste, sondern weil ihre Stifter es für nützlich erachteten, päpstliche und nicht kaiserliche Stiftungsbriefe für sie zu erbitten. Ich verweise bezüglich der Bedeutung dieser Stiftungsbriefe und der über sie umlaufenden Ansichten und Theorien auf meine Ausführungen im I. Bande dieser Zeitschrift S. 118 ff.[WS 1] und erinnere nur, dass es gegen die Auffassung des Mittelalters ist, wenn Muther dies Promotionsrecht ausschliesslich auf den Papst zurückführt und geradezu als „die kirchliche Licentia, den Grad anzunehmen“ bezeichnet. Das stimmt weder mit der Praxis des Mittelalters noch mit der Theorie. Im Gegentheil entstand im 15. Jahrhundert der Zweifel, ob der Papst für das Römische Recht die Lizenz überhaupt ertheilen dürfe, ob dies nicht ein Reservatrecht des Kaisers geblieben sei. Das für Tübingen 1484 von Kaiser Friedrich III. erlassene Privileg ruht auf dieser Annahme.

Doch will ich darauf nicht weiter eingehen und gebe nur als Beispiel eine Stelle aus dem Privileg Friedrich’s des Schönen von 1318 für Treviso: „Tarvisino episcopo, qui pro tempore fuerit, tenore presentium tribuimus auctoritatem – – –

  1. So beschloss Perugia 1306, Juni: quod scolaribus – – – sit licitum universitatem constituere et sibi rectores eligere – – – et quod idem scolares in – – – civitate Perusii forenses dumtaxat in civilibus causis habeant tres iudices ad eorum electionem secundum quod continetur in Autentica Habita. (Rossi, Documenti inediti per la storia dell’ Università di Perugia. Perugia 1875, Nr. 3, p. 13. Estratto dal Giornale di Erudizione Artistica.)

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: S. 113 ff.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 140. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_140.jpg&oldid=- (Version vom 8.5.2023)