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späteren Erwerbungen und Unternehmungen in Bezug auf Parma, Piacenza, Perugia, Fermo, Ferrara u. s. w. So gewagt es ist, die bewegliche und unzuverlässige Politik dieses Papstes in einzelnen Fällen auf durchgehende Grundgedanken zurückzuführen: hier in der That liegt eine tief einschneidende Linie, hier trifft man auf einen Punkt, dem man eine gewisse programmatische Bedeutung kaum absprechen kann: „Das Haus Gottes statt des Hauses Medici“. Es klingt wie eine Art Selbstanklage durch diesen Satz, der ein Gelöbniss für die Zukunft auszusprechen scheint.

Und nun wird man etwas weiter gehen dürfen. Da sich die Bedeutung Lorenzo’s als eines Mittelglieds für die Innigkeit der päpstlich-Französischen Beziehungen doch nicht wegwischen lässt, scheint es mir alles in allem doch richtiger dem Papst Glauben zu schenken, wenn er seit Januar 1519 in zahlreichen und nicht missverständlichen Erklärungen Franz als den ihm genehmsten Inhaber des Kaiserthums bezeichnet hat. Was ist denn jenes Breve vom 4. Mai anderes als ein hoher Einsatz des päpstlichen Partners selbst auf die mindest günstige Französische Farbe! Ein solcher Freundschaftsdienst, anderer zu geschweigen, verträgt sich doch wohl nur mit der Annahme eines wahren Interesses. Meines Erachtens durfte Leo von seinem Standpunkt aus ein solches haben, da Franz, thatsächlich im Besitz der ehemals kaiserlichen Rechte in Italien, hier durch die Kaiserkrone selbst nicht stärker wurde: im Gegentheil die Erwerbung dieses Diadems gab der Curie gerade in den eigenen Augen wichtige Waffen in die Hände wider die Französischen Ansprüche auf Neapel.

Dass ihm innerlich ein Dritter noch lieber gewesen wäre, wie er denn bei wachsenden Schwierigkeiten mit Nachdruck auf diesen Gedanken zurückkommt, wird nicht geleugnet. Aber da er seit seiner Kenntniss von den Versprechungen Deutscher Wähler für Franz dessen Erhebung für unvermeidlich halten musste, sollte nicht Karl durchdringen, so ist er eben ernsthaft für ersteren eingetreten.

Nicht eine Wendung zu Karl, der immer der wenigst Angenehme blieb, sondern nur den Rückzug in eine geschütztere Stellung für den entscheidenden Kampf bedeutet das Abkomnen Leo’s mit dem Spanischen Gesandten in Rom vom 17. Juni,

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_107.jpg&oldid=- (Version vom 25.6.2023)