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sofort als gültig erhobenen zu proclamiren[1]. Der Sinn des Schrittes wird deutlich, wenn man sich erinnert, dass am 8. April der Kurfürst von Brandenburg versprochen hatte, für Franz I. zu stimmen, falls derselbe noch zwei vorher abzugebende Stimmen erhielte[2].

Leo hat sicherlich erst die Wirkung dieses neuesten Schrittes abgewartet. Und damit stimmt es auch, dass erst am 31. Mai der König Karl, der seit Wochen abermalige Unterhandlungen mit Rom angeknüpft hatte, die bestimmte Erwartung meinte hegen zu dürfen, dass der Papst auf seine Seite treten würde[3]. Gerade Nitti hat gezeigt, in welcher Weise hierbei erst am 17. Juni in Rom ein Abschluss erzielt worden ist.

Nachdem der Zeitpunkt der veränderten Entschlüsse Leo’s anders bestimmt werden musste, wird man von selbst zu der Erwägung geführt, in wie weit doch der Tod Lorenzo’s am 4. Mai mitwirkend gewesen sein könne für das Erkalten seines Oheims gegenüber Frankreich. Nitti hat das ebenso weit von sich gewiesen, wie Baumgarten es betont hat.

In Anknüpfung an früher Ausgeführtes sei hier zur Einschränkung der Ansicht des neuesten Darstellers an Folgendes erinnert. Unmittelbar nach seiner Erhebung zum Pontificat hatte Leo zu seinem Bruder Giuliano geäussert: „Geniessen wir das Papstthum, da es Gott uns gegeben“, und jetzt brach er gegenüber dem Boten der Todesnachricht in die Worte aus: „Wir sind nicht mehr vom Haus Medici, wir sind vom Haus Gottes“[4]. Mit dem Absterben des letzten legitimen Sprossen seines Geschlechtes ist eine Veränderung mit dem Papst vorgegangen. Nicht bloss sprechen es Vertraute, wie Vettori, offen aus, dass er nun für die Seinen keine Staaten mehr zu suchen brauchte: der Papst handelte fortan consequent und ohne hochfliegenden Ehrgeiz für die noch vorhandenen Bastarde in diesem Sinne. Lorenzo’s Besitz Urbino sammt Pesaro und Sinigaglia ward zum Kirchenstaat geschlagen und diesem galten fortan die

  1. Dt. RTA. Jüngere Reihe, I, Nr. 271, S. 656; vgl. S.725. Noch am 7. Juni liess der Papst eine ähnliche Eröffnung an Friedrich von Sachsen gelangen; ebendas. S. 823.
  2. Nitti 204.
  3. Dt. RTA., a. a. O. S. 735, Karl an Margarethe.
  4. Relaz. Venet. VII, 51. – Nitti 209.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_106.jpg&oldid=- (Version vom 25.6.2023)