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durch ihre Verweigerung ohne vorherige sichere Garantie der Wahrung seiner Interessen in Abhängigkeit von dem guten Willen Frankreichs bringen lassen.

Der unerwartete Tod des Kaisers, der eine neue Situation schuf, war daher ausgesprochenermassen eine Art Erlösung für ihn. Andererseits erschien eine Erhebung Karl’s, die diesen nun ohne die mit Vortheil auszubeutende Ungewissheit einer Wartezeit unmittelbar auf den Thron gesetzt hätte, als eine viel brennendere Gefahr für die Unabhängigkeit des heiligen Stuhls, denn vorher. Unbestreitbar ist es heutzutage, dass Leo jetzt von vornherein gegen seine Wahl gestimmt war und gewirkt hat. Der Papst wartete nicht einmal, bis die Kunde von der Vollziehung jenes zwischen ihm und Karl geschlossenen Schutzvertrags eingetroffen sein konnte, sondern las am 7. Februar 1519 dem jungen, bis dahin so ergeben auftretenden, Fürsten auf’s heftigste und kränkendste den Text. Karl hatte[1], gerade ehe er das Hinscheiden Maximilian’s erfahren, brieflich sowohl wie in einer Apostrophirung des päpstlichen Gesandten in ungeduldiger Erregtheit und mit eingestreuten Drohungen die Uebersendung der Kaiserkrone an seinen Grossvater gefordert. Besser als es das noch unbekannte Original vermöchte, legt das unten mitgetheilte, zum Theil wieder durchstrichene Concept bloss, wie tief der Stachel eingedrungen war. Karl seinerseits musste durch diese Antwort um so mehr erbittert werden, als die Erfüllung desjenigen Begehrens, das jetzt als

  1. Baumgarten, Die Politik Leo’s X. im Wahlkampf (in: Forsch. z. Dt. G. Bd. 23) S.548. Den fehlenden Brief Karl’s kann man z. Th. ergänzen aus der päpstlichen Antwort vom 7. Februar. (Brevia Leonis, Armar. 44, tom. V, p. 129 im Vatican. Geh. Arch.) „Noverit rex catholicus honesta postulare, nam nos quidem et novimus et audemus non honesta negare – – – Quod vero quadam in parte litterarum tuarum aliquanto commotius asseveras, te avo patrique tuo deesse non posse“, in der Beziehung rechne der Papst zur Ehre Gottes Erlittenes nicht als Strafe, sondern als Ehre sich an, „quamquam omnis minandi ratio a tua clementissima natura debet abesse, a nobis certe aberit, cum recte egerimus, timendi“. – Bezeichnend für die Stellung des Papstes ist sodann, dass derselbe Begriff „non honestum“ oder „dishonestum“, der hier für eine Kaiserkrönung ausserhalb Roms gebraucht wird, wieder im März 1519 gewählt ist für die Ansicht des Papstes über die Erhebung Karl’s zum Kaiserthum. Nitti 174.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_104.jpg&oldid=- (Version vom 25.6.2023)