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Gedanke auf, diesen Plänen durch die Absetzung des Königs zu begegnen. Konrad von Mainz liess im April 1425 ein Schreiben an die Kurfürsten abgehen, wodurch er sie auf den 7. Juni nach Würzburg entbot „sub pena privacionis jurisdiccionis sue quam in eleccione obtinent“; ich kann das trotz Lindner’s[1] Widerspruch nicht anders übersetzen als „bei Verlust des Rechtes, das ihnen bei der Königswahl zusteht“.

Aber diesmal machte der Sächsische Kurfürst seinen Collegen einen Strich durch die Rechnung. Bei dem immer bedrohlicheren Anwachsen der Husitengefahr konnte er wohl die Kurfürsten, aber nicht Sigmund entbehren; er entschloss sich, offen zum Könige überzutreten. Ende Mai reiste er nach Ungarn ab, um das Bündniss von Waizen mit ihm abzuschliessen und die Belehnung mit Sachsen zu empfangen.

Sein Abfall scheint den übrigen Kurfürsten die Absetzungspläne verleidet zu haben; sie versuchten wieder einzulenken, indem sie dem Könige von neuem ihr Erscheinen zu einem Reichstage anboten[2], und der König ging diesmal darauf ein. Als dann im Herbst 1425 der Hohenzoller, von den Verbündeten im Stiche gelassen, seinen nordischen Gegnern erlag und bald nachher auch seinen Separatfrieden mit Sigmund schloss, da schien die Binger Einung zersprengt zu sein.

Wäre damit die Geschichte dieses Kurvereins zu Ende, so wäre seine Bedeutung für die Entwicklung der Reichsverfassung

    man ihm nun noch das verlangte schriftliche Versprechen geben, so fürchten sie, viele würden dann desto weniger zum Ketzerkriege beisteuern. Offenbar bezog sich also das Versprechen auch auf einen Kampf – und zwar nicht gegen die Böhmen – zu dem Geld und Mannschaft beigesteuert werden sollte.

  1. Lindner, MInstOestG S. 407 übersetzt, oder vielmehr interpretirt: „Wer zur Versammlung nicht kommt, verliert das Recht, als Kurfürst gehört und beachtet zu werden.“ Das heisst eben, er verliert seine Wahlstimme, oder es hat überhaupt keinen Sinn. Die chronologischen Schwierigkeiten, welche die Notiz bereitet, lassen sich wohl so lösen: Die Brandenburgische Gesandtschaft nach Polen, welche die Nachricht mitnahm, hatte am 29. Mai 1425 in Inovraclav Audienz (Dt. RTA VIII, Nr. 360); sie wird also Anfang oder Mitte Mai abgegangen sein; damals war das Mainzer Schreiben schon in Markgraf Friedrich’s Händen; es muss demnach im April verschickt sein. Wenn mein obiger Versuch, in diese verwickelten Vorgänge etwas Ordnung zu bringen, auch auf Combination beruht, so scheint er mir doch viel Wahrscheinlichkeit für sich zu haben.
  2. Dt. RTA VIII, Nr. 336.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 85. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_085.jpg&oldid=- (Version vom 8.5.2023)